Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

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Viertes Kapitel. Die „inficirte Jugend. 23 
Friedrich Qudivig, Gebrüder und Vettern, Grafen zu Löwenſtein, Werth- 
heim, Rochefort, Montagu, Oberherrn zu Chaſſepiere, Herrn zu Schar- 
fened, Breuberg, Hubemont und Neuenburg 2c. unſeren Gnädigen, 
Grafen und Herren glaublich berichtet worden, wie daß Barthols Klein, 
Bürgers und Shlottfegers, beide Kinder allhier, von denen das älteſte 
zehn und das andere fünf Jahre zählt, allerhand nachdenkliche Reden 
von geſchehener Hexerei und einer gehaltenen Hochzeit mit ihres Vaters 
Bruder ſpargirten und ausgaben : alſo ‚haben Jhre Gnädigen Herrn 
zur Erkundigung der Wahrheit ſelbige anfangs dur< die Geiſtlichen 
und PVräceptoren eraminiren und nochmals jelbften bei gemeiner Kanzlei 
abhören laſſen. 
Jn Gegenwart von: 1. Superattendent 
2. Oct. Klein ; 
3. Joſ. Angelus ; Firm 
4, Nicol. Stre> Rector fand am 10. Febr. 1629 
das erſte Verhör ſtatt. 
Die Subſtanz der Ausſage des älteren Bruders Hans Klein, zehn 
Jahre alt, läßt ſi< folgendermaßen zuſammenfaſſen: Auf ihres Vaters 
Boden haben ſie Nachts eine Gaſterei gehalten, eine Hochzeit; es waren 
ein Pfeifer, zwei Geiger anweſend, wel<he muſicirt haben; es wurde ge- 
geſſen, Wein getrunken und geſungen; ſeine Mutter habe gekoht. Der 
Bräutigam habe Philipp, und die Braut Amelie geheißen. Seien auf 
Beſen herumgefahren und die Stiege herunter. Ein weißer Löwe ſei 
dageweſen ; dann fei er ausgerifien, fie ihm nachgelaufen und mit Ketten 
ſtark gebunden. Er, der Knabe, Habe die Freitags Naht gewacht, 
Samſtags aber geſchlafen. Seien ſe<s Buben dabei geweſen, vier fremde 
und zwei befannte: Bernhardt Häfelein und Andrea Oehel. Zum 
Schluß bemerkt er: der Ww ſei zum Slag hinaus, über die Mauer 
hinab in Garten, nichts geſchadet, den ſie wieder holen wollen, aber niht 
befommen. Auch die Braut ſei ausgeriſſen, aber vom Bräutigam ein- 
gefangen und geprügelt worden. Der Bräutigam ſei ein alter Mann 
aus Bettingen geweſen. 
Außer den genannten Knaben hatte er no) denuncirt: Spände- 
lein, Aeltelein, Georg Krug und das Frewlein nebſt ſeinen eigenen 
Eltern. 
Sofort wurden dieſe beſagten Theilnehmer eingezogen und von der 
Kanzlei dur< die vier Räthe verhört: Zuerſt Vater und Mutter des 
Knaben. Letztere betheuert ihre Unſhuld aufs Nachdrü>lichſte; fie habe 
ihren. kleinen Daniel geſtraft, weil er ſo „närriſhes Zeug“ vor dem 
Pfarrer von Naffih, jo ihn eraminirt, geredet haben ſoll. Sie, wie der 
Vater Klein, weißen alle Verantwortung von fi, jeien ganz frei von 
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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