Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

Sechſtes Kapitel. Reaction des Volkes gegen die Juſtizmorde. 61 
Jn einem Schreiben vom 17, Septbr. 1642 beantwortet der Graf 
Johann Dietrich zu Loewenſtein Wertheim , Rochefort und Montagü 2c. 
mehrere Schreiben ſeiner Räthe, welhe ihm auf ſeiner Rheinreiſe nah 
Köln zugegangen waren. Es betrafen dieſe Schreiben verſchiedene An- 
Hagen gegen der Zauberei Verdächtige. Der Graf erinnert ſeine Räthe 
daran: „was mündlicher Befehl wir euch wegen Fortſezung des Proceſſes 
wider die Hexen vor Unſerer Abreiſe ertheilt haben. Wenn Wir es dabei 
no<hmals bewenden laſſen und Uns gnädig verſehen, ihr werdet mit 
denſelben allenthalben dem üblichen Herkommen nah procediren , auh die 
abgefaßten Urtheile den Rechten gemäß in euren Gewiſſen dergeſtalt 
erwogen haben, daß ſie Beſtand erfunden, conſequenter von Uns nunmehr 
ad Executionem gezogen werden können, und befehlen euh hiermit gnä- 
dig, daß ihr dieſelbe an einer und der anderen Perſon , zumal aber 
Anna Feßlerin , der Feßenhauerin, Shumpfin und - Ladenburgerin aufge- 
ſehter maßen durch den Scharfrihter gewöhnlicher Orten vollziehen und 
zu ſolchem End dur den Centgrafen gehörige Anſtellung machen laſſen 
ſollt, 
Was aber den alten Kellerwirth und ſeine Frau , ingleichen Peter 
Baldaufs Frau betrifft, da wollen wir uns nit weniger verſehen , ihr 
werdet die von eu< für gut angeſehene Adprehendirung aus den Rechten 
der Gebühr na< zu behaupten wiſſen. Jſſt au< hiermit Unſer befehlch, 
daß ihr ſie alle drei unverzüglih eurem Vorſchlag nah gefänglich annehmet, 
fie gebührend examiniren und Uns hernäcft über allen Vorgang gehörigen 
Bericht erjtatten folt. Datum wie oben Köln. 
Graf zu Xoewenftein Wertheim.“ 
Die hierauf eingezogenen Opfer hatten bereits in den verfloſſenen 
Jahrzehnten beobachten können, daß kein Leugnen etwas helfe; daß jede 
Widerrede nur dazu diene, die Folterungen zu vervielfältigen und die 
Qualen ins Unendliche zu vermehren. Bei den Bamberger Proceſſen 
iſt dieſes Geſtändniß ausgeſprohen in dem rührenden Schreiben des 
Bürgermeiſters Junius an ſeine Tochter. 
Dieſes Schreiben ift ein ſprechendes Beiſpiel zum Erweis der That- 
ſache, daß viele Angeklagten ſih von vornherein lieber {huldig belanvten, 
als fi) der Tortur unterwerfen wollten. Damit werden die gegentheiligen, 
dieſe Fälle ſehr bezweifelnden Darſtellungen von Haas und Dr. L, 
Mejer!) berichtigt. 
Die Acten über die Hexenproceſſe 'in der Grafſchaft Wertheim geben 
1) Dr. L. Mejer S. 38. „Haas weiſt mit vollem Recht die Jnſinuation 
zurü>, als ob unſchuldige Perſonen ſi<h aus Furcht vor der Folter häufiger von 
vornherein als ſchuldig bekannt haben könnten; es wird dieſes nur ſelten ges 
ſchehen ſein.“ 
  
  
  
 
	        
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