Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

  
  
74 Erſtec Theil. Erſtes Buch. Die Herenproceffe in proteftantifchen Territorien. 
mit Schlägen tractirte. Der Centgraf wirft ihr die Frage hinein: Wenn 
fie denn nun Alles dieſes gethan, warum fie denn unlängften ein Brieflein 
gejchrieben, auch vor zwei Tagen mündlich ausgefagt, daß fie unfchuldig fei? 
R. Es ſuch eben jeder allerlei Ausflüchte, daß er möchte davon kom- 
men und ledig werden. Nunmehr aber jehe fie wohl, daß ihr Leugnen nit 
helfe, gebe ſih deßwegen ſolches Laſters ſ{<huldig, darauf fie au mit wah- 
rer Ruhe und Buß hoffentlich ſelig ſterben wollte. Bitte aber, man wollte doch 
nit auf ihr Denunciation gegen Andere verfahren. Denn der Satan 
Einen wohl verblenden könne, weil er ſi< in einen Engel des Lichtes 
verſtellen könne. 
Das Jahr 1643 hat nur ein Verhör über beide Eheleute in den 
Acten hinterlaſſen, vom 27. März 1643, in welchem Johann Hoß alles 
Frühere beſtätigt, nur über die von ihm denuncirten Perſonen den Vor- 
behalt maht: Anlangend die denuncirten Perſonen zweifele er daran; 
dann er nit wiſſen fünne, ob er folde eben natürlich gejehen; es 
fönnte wohl ſein, daß der Teufel jein Gaudelfpiel damit habe. Es habe 
ihn alſo gedeuht, es wären dieſe Perſonen, bitt aber dafür, man wolle 
hierauf nit gehen, denn ein Zeuge ſei kein Zeuge. Hierauf beſtand er 
ein Verhör über ſeinen Vermögensſtand , wobei beſonders darüber inqui- 
rirt wurde, warum er eine Summe Geldes in Frankfurt deponirt habe ; 
er erflärte, damit er ſeine Kinder könne ſtudiren laſſen. 
Sein Weib Anna nahm bei dieſer Vorführung eine feſtere Haltung 
an: ſie leugnete ihre früheren Ausſagen. 
Wenn ſie {hon die Wahrheit ſage, wolle man ihr nicht glauben; ſie 
ſei keine Zauberin; habe zwar die Geiſtlichen auch ſo berichtet, weil 
ſie ihr alſo hart zugeſetzt. 
Fr. Was denn die Urſach ſei, daß ſie vor der Obrigkeit befennet 
und vor den Geiſtlichen geleugnet habe ? 
R, Die Geiſtlichen hätten unter anderem geſagt, ſie müſſe die 
Wahrheit allenthalben bekennen. Wo fie das nit thue, hätte ſie ebenſo- 
wohl die ewige Verdammniß zu gewärtigen, als wenn ſie mit Lügen 
berichte. 
Nach no<hmaliger ernſthafter und nahdrü>liher Ermahnung bekennt 
ſie wieder das Gegentheil, fie erklärt fich {huldig; fie bittet um Verzeihung, 
daß ſie alſo die Geiſtlihen belogen und die Wahrheit hinterhalten; fie 
wolle es nimmer thun. 
Fr. Warum fie denn im Gefängniß auf ein Zettelein mit Kohlen 
geſchrieben, daß ſie unſhuldig fei ? 
R. Sie hah vermeint, ſolches in ein Buch zu legen, und fo es nad 
ihrem Tod gefunden würde, die Leut erinnern ſolle, es wäre ihr Unrecht
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.