Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

  
IV Vorwort. 
die Kirche zu vertbeidigen gegen die Anklage, daß fie die Heren- 
proceſſe verſhuldet; gegen den ferneren Vorwurf, daß ſie den 
Hexenglauben gefördert und begünſtigt habe. „Peccatur intra 
muros et extra“; dieſer Saß bleibt auh hier zu Recht beſtehen. 
Aber die Gerechtigkeit und die Wahrheit erheiſhen, daß man die 
Schuld nit allein intra muros ſue, wenn ſie extra muros 
thurmho<h aufgeſchichtet iſ. Ein zehnjähriges Studium der Akten 
und der einſchläglihen Literatur überzeugten mid, daß eine Re 
viſion der genannten Werke proteſtantiſher Autoren nicht bloß 
nothwendig, ſondern au< möglich ſei. Auf Grund dieſes 
Studiums ergab fi) nämlich die Ueberzeugung, daß aus dem ſog. 
„crimen mizium“, als weléhes die Zauberei im Mittelalter angeſehen 
wurde, wie heute noch Meineid, Ehebru< und Gottesläfterung, die 
Jurisprudenz der Reformationszeit ein „crimen exceptum“ ge- 
macht hatte, nicht bloß in Bezug auf die Art und Weiſe des 
Verfahrens, ſondern au< in Bezug auf die Competenz. Die 
Jurisprudenz, welhe im Mittelalter nur den Vollzug der 
Strafe hatte, den Hilfs dienſt, (brachium saeculare), nahm jeit 
der Carolina au< das Verfahren, den Proceß, ſelbſt in die Hand, 
und fo entſtanden die Hexenproceſſe im Abendlande, nicht 
dur< Schuld der Kirche, fondern durch Schuld des Staatsabſo- 
lutismus, der ſi< damals, begünſtigt durh die Kirchentrennung, 
ausbildete, und dur Schuld der fog. Reformation, welche die urfprüng- 
lih getrennte Firchlihe Gerichtsbarkeit zu Bunften der Staatsall- 
mat ſäculariſiren ließ. Die geiſtlichen Reichsſtände Tatholifcherfeitg 
folgten theil- und zeitweiſe dem von der Gegenſeite gegebenen Jm- 
pulje in Behandlung der Heyenfache. Bezüglich des zweiten Vorwurfs 
ergab ſih aus der zeitgenöſſiſchen Literatur die Thatſache, daß der 
proteſtantiſchen Theologie ein ungleih größerer Antheil an der Ver- 
breitung und der Unterhaltung des Hexenwahns zufällt als der katho- 
lichen Theologie. Ich glaube den Beweis dafür im zweiten Theile 
zur Genüge erbracht zu haben. Ueber die überaus reihhaltige hier in 
Frage kommende Literatur dürfte {hon der Einbli> in dieſes Werk 
dem Leſer einen annähernden Begriff verſchaffen. Au darf ih 
darauf billigen Anſpru< erheben, die reihhaltige Predigt-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.