Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

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Sechſtes Kapitel. Reaction des Volkes gegen die Yuftigmorbe. 81 
R. Er wüßte ſi frei von ſolhem Laſter. Wenn man dem ge- 
meinen Geſchrei wollte nahgehen, wäre Keiner frei. Denn dur böſe 
Leut viel geredet werde. Jhm ſei das von ſeiner Schweſter von Wer- 
bahhauſen angedeutet worden, daß er und Philipp Kaufmann nah ſeines 
Shwagers Verhaftung auh eingezogen würde. Zt er vom Gefängniß 
ſeiner ausgeſtoßenen Calumnien wegen erlediget, die verdiente Geldſtraf 
aber der gräfl. Herrſchaft vorbehalten worden. 
So weit war es denn do< {hon gefommen, daß aus dem Volle 
heraus \i< eine Oppoſition und Reaction bildete gegen das willkürliche 
und grauſame Verfahren der Hexenrichter. Die ſ{händlihen Motive 
traten mehr an den Tag; die Habſucht ſpielte eine wihtige Rolle, 
Am ſelbigen Tage, als der Kettenwirth gefänglih eingezogen wird, 
nimmt ſein Sohn das vorhandene baare Geld und flüchtet damit nah 
Frankfurt. Freilih traf ihn dafür nah ſeiner Heimkehr die Gefangen- 
nahme, während fi die gräflihen Räthe Mühe gaben, in Frankfurt die 
Beſchlagnahme des Geldes zu erwirken. Die Stimmung des Volkes war 
ſhon ſo gereizt, daß ſie zur Satyre griff und in Pasquillen das Verfahren 
der Richter verhöhnte. Ein ſoles Pasquill iſ in den Acten verwahrt. 
Es lautet : 
„Ach, ihr Herrn und Regenten allhie 
Was ich thue melden, ift wider mich, 
Auch treibt mich mein Herz und Gewiſſen, 
Daß ich hab ein wenig verziehen müſſen, 
Wie daß ih bin ein ſehr anſehnlicher Mann, 
Wer mich aber kennet, weiß was ich kann, 
Jh vermein zwar ih wär klug in meinen Sachen, 
Durch Verhängniß Gottes hab ih mich betrügen laſſen. 
Mit dem Laſter der Zauberei, 
Welches mir von Herzen ja iſt ſehr leid, 
sh muß, ich fol, ich wollt mich gerne nennen, 
Uber ich thue mich vor der Welt fchämen. 
Mit Furcht möcht ich mich weiter wünſchen davon, 
Uber ich weiß nit, wie i<s ſollt greifen an. 
Soll ich mich denn nennen öffentlich, 
So fer<t ich mich, ich fomme ins Käfig, 
Darin mein Leben ich bring lange Zeit zu. 
Nichts deſto weniger bekommen die darin gut. 
O ihr Doctoren und Juriſten 
Bedenkt zu dieſer Zeit euer Gewiſſen, 
Nehmt Schmiral und Häuſer an, 
Um baares Gewinns willen die Zauberer leben zu lahn. 
Diefenba<, Der Hexenwahn, 6 
  
  
  
  
  
 
	        
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