Full text: Der Mainzer Dom und seine Denkmäler (1. Band)

  
brochen werden. Dagegen sind die Gewände der größeren Fenster weiter oben wiederum sorg- 
fältiger ausgeführt, und auch die Wandflächen zeigen regelrechte Quadern. Der Gesamteindruck 
behält etwas Zwiespältiges. Im Gegensatz zu diesen Flanken ist die große Apsis in der Mitte ein 
prachtvoll einheitliches Werk. Schon der ganze Aufbau — Sockelgeschoß, hohes Hauptgeschoß, 
attikaähnliches Obergeschoß —, die reiche Gliederung und Stufung der Wandflächen, der aus- 
gezeichnete Quaderverband, die präzise Meißelarbeit, endlich der Schmuck (s. unten), das alles 
erweist eine reife und feine Kunst, formenreich und sicher gebildet und zugleich wuchtig und groß. 
Offenbar kann diese Ostfront des Domes nicht aus einem Guß sein. Tatsächlich lehrt eine genaue 
vergleichende Betrachtung, daß die Treppentürme (jedenfalls ihre fünf unteren Geschosse) einer 
anderen Zeit angehören als die Apsis; in den Zwischenteilen des Querbaus mögen ältere Reste 
stecken: in der Hauptsache gehört der ganze Bau zwischen den Türmen mit der Apsis zusammen. 
Der Giebel oberhalb der Apsis und der Mittelturm sind neu: diese Teile geben nicht einmal im 
Umriß den ursprünglichen Bestand treu wieder. Die seitlichen Treppentürme aber sind wirklich 
Überreste des ältesten Doms an dieser Stelle, des Willigis-Bardo-Doms. Diese Einsicht würde 
uns nun nicht viel nützen, wenn wir ganz außerstande wären, uns das Ganze wieder lebendig zu 
machen, in dessen Zusammenhang die Türme einst gehörten. Aber dazu sind wir — wenigstens 
einigermaßen — imstande. Die Untersuchung der Fundamente des heutigen Doms hat gelehrt, 
daß der Willigis-Bardo-Dom schon denselben Umfang und dieselbe dreischiffige Einteilung des 
Langhauses und der Ostseite gehabt haben muß wie der heutige (natürlich ohne die gotischen 
Kapellen und sonstigen Anbauten). Weiter besaß er ein westliches Querhaus und einen Westchor. 
Auch der Umfang dieser Teile läßt sich annähernd bestimmen, da die nördliche Stirnwand des 
Querhauses als Südwand der heutigen Gothardkapelle noch teilweise erhalten ist. Über den Auf- 
bau können wir weiter sagen, daß der Ostteil zwischen den beiden Treppentürmen mehrgeschossig 
war, so wie das jetzt z. B. für 
St. Emmeram in Regensburg sehr 
wahrscheinlich gemacht ist, und 
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lung auf dem Papier liegt einmal 
darin, daß wir nun deutlich sehen, 
wie mannigfach der heutige Dom 
durch seinen Vorläufer bestimmt 
wurde. Der heutige Ostbau — ein 
hoher Kuppelturm mit unmittelbar 
angeschlossener Apsis, begleitet 
3. Rekonstruktion des Willigis-Bardo-Domes von mehrgeschossigen, querhaus- 
  
  
  
 
	        
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