brochen werden. Dagegen sind die Gewände der größeren Fenster weiter oben wiederum sorg-
fältiger ausgeführt, und auch die Wandflächen zeigen regelrechte Quadern. Der Gesamteindruck
behält etwas Zwiespältiges. Im Gegensatz zu diesen Flanken ist die große Apsis in der Mitte ein
prachtvoll einheitliches Werk. Schon der ganze Aufbau — Sockelgeschoß, hohes Hauptgeschoß,
attikaähnliches Obergeschoß —, die reiche Gliederung und Stufung der Wandflächen, der aus-
gezeichnete Quaderverband, die präzise Meißelarbeit, endlich der Schmuck (s. unten), das alles
erweist eine reife und feine Kunst, formenreich und sicher gebildet und zugleich wuchtig und groß.
Offenbar kann diese Ostfront des Domes nicht aus einem Guß sein. Tatsächlich lehrt eine genaue
vergleichende Betrachtung, daß die Treppentürme (jedenfalls ihre fünf unteren Geschosse) einer
anderen Zeit angehören als die Apsis; in den Zwischenteilen des Querbaus mögen ältere Reste
stecken: in der Hauptsache gehört der ganze Bau zwischen den Türmen mit der Apsis zusammen.
Der Giebel oberhalb der Apsis und der Mittelturm sind neu: diese Teile geben nicht einmal im
Umriß den ursprünglichen Bestand treu wieder. Die seitlichen Treppentürme aber sind wirklich
Überreste des ältesten Doms an dieser Stelle, des Willigis-Bardo-Doms. Diese Einsicht würde
uns nun nicht viel nützen, wenn wir ganz außerstande wären, uns das Ganze wieder lebendig zu
machen, in dessen Zusammenhang die Türme einst gehörten. Aber dazu sind wir — wenigstens
einigermaßen — imstande. Die Untersuchung der Fundamente des heutigen Doms hat gelehrt,
daß der Willigis-Bardo-Dom schon denselben Umfang und dieselbe dreischiffige Einteilung des
Langhauses und der Ostseite gehabt haben muß wie der heutige (natürlich ohne die gotischen
Kapellen und sonstigen Anbauten). Weiter besaß er ein westliches Querhaus und einen Westchor.
Auch der Umfang dieser Teile läßt sich annähernd bestimmen, da die nördliche Stirnwand des
Querhauses als Südwand der heutigen Gothardkapelle noch teilweise erhalten ist. Über den Auf-
bau können wir weiter sagen, daß der Ostteil zwischen den beiden Treppentürmen mehrgeschossig
war, so wie das jetzt z. B. für
St. Emmeram in Regensburg sehr
wahrscheinlich gemacht ist, und
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darin, daß wir nun deutlich sehen,
wie mannigfach der heutige Dom
durch seinen Vorläufer bestimmt
wurde. Der heutige Ostbau — ein
hoher Kuppelturm mit unmittelbar
angeschlossener Apsis, begleitet
3. Rekonstruktion des Willigis-Bardo-Domes von mehrgeschossigen, querhaus-