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10. Der Dom im Jahre 1755 vom Markt (von NO) aus gesehen
einem umgekehrten Pokal — ohne Fuß — gleicht. Er besetzte die Sockel mit Obelisken, die mit
dem Hauptbau durch schmiedeeiserne Gehänge verbunden wurden. Überhaupt kleidet sich das
ganze Werk bald in mittelalterliche Formen (Fenster, Blenden des unteren Geschosses), bald in die
Formen der Zeit. Und das trat noch viel reicher und geistvoller zutage, bevor eine „stilreine Her-
stellung“ der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts alles möglichst ins Gotische umgestaltete. Auch
so aber ist die Turmbekrönung eine der reizvollsten Lösungen echter Denkmalpflege, d. h. nicht
„stilrein“, wohl aber künstlerisch empfunden. Ähnlich erneuerte Neumann die Abschlüsse der
Seitentürme. Wenn man heute den Dom vom Leichhof her — am besten am späteren Nachmittag! —
betrachtet (Tafel 1), wenn man sich an dem Anblick, der in der Gruppierung und Gliederung
der Baumasse ebenso gewaltig, wie er farbig reich ist, sattgesehen hat, dann mag man sich auch
einmal davon Rechenschaft geben, wie ganz anders diese Westteile gewirkt haben müssen, als der
Vierungsturm noch romanisch niedrig war (Textabbildung 9). Damals ging die ganze Baugruppe
vielgliedrig auseinander: erst die gotische Erhöhung des Vierungsturmes hat sie so straff zusammen:
gefaßt, erst sie hat der Senkrechten über die Wagrechte zum Sieg verholfen. Die Barockzeit empfand
darin ähnlich wie die Gotik: auch sie konnte die Selbständigkeit auseinanderstrebender Teile nicht
dulden. Unterordnung der Teile unter das Ganze war die Losung. Und so führte Neumanns
Werk in gewissem Sinne zwar zu einer Erneuerung des gotischen Zustandes: die künstlerische
Wirkung aber, die der Bau am Ende der romanischen Epoche ausgeübt haben muß, die konnte
so nicht wiedergewonnen werden.
Mit der Umbauung des Domes, mit der Errichtung der schönen Barockhäuser, die der Nordseite
des Domes vorgelagert sind, schloß diese Epoche der Wiederherstellung ab. Und damit war die
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