Full text: Der Mainzer Dom und seine Denkmäler (1. Band)

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weiteren Merkmalen, die die Kunst 
des Meisters kennzeichnen, so wird 
man jene Enthaltsamkeit in der 
Durchbildung der Flächen, die ich 
schon nannte, noch etwas bestimmter 
fassen müssen. Sie ist zunächst nicht 
wirklichkeitsfremd: die Individuali- 
sierung der Köpfe, die dem Meister 
gelingt, beweist das Gegenteil. Aber 
sie hat doch nicht die Lebenswärme, 
die Intimität wie am Anfang des 
Jahrhunderts oder auch bei einem 
Nikolaus von Leyen. Er will offen- 
bar die knappere, abstraktere Form. 
Ihr Ausdruck ist ihm wichtiger als 
ihre blühende Lebendigkeit. So ist 
es auch mit seiner Gewandbildung. 
Sie ist unübertrefflich, wo sie ganz 
einfach und groß wirken soll. So= 
bald sie reicher werden sollte, wird 
sie indessen eintönig; ja, da verfällt 
der Künstler unverkennbar in Ma- 
nier (Tafel 81 und 100): da scheint 
ihm die Fülle der Anschauung auch 
des Nebensächlichen zu fehlen. Aber 
trotz solchen Schwächen, die nur die 
Schatten seiner ausgesprochen aufs 
Monumentale und Ausdrucksvolle 
gerichteten Gesinnung sind, ist er 
ein wirklich großer Künstler, die 
stärkste Persönlichkeit in dem Mainz der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Wo liegen die 
Wurzeln seiner Kunst? Zum Teil gewiß in der Art des Nikolaus Gerhaert. Daß dieser auch auf 
die mittelrheinische Kunst gewirkt hat, ist längst anerkannt: Back hat feinsinnig einen Zusammen- 
hang zwischen dem Sierck-Denkmal und dem Denkmal des Erzbischofs Adolf II. von Nassau in 
Eberbach erkannt. Ich selbst habe auf den Eindruck hingewiesen, den das Sierck-Grabmal auch in 
Mainz gemacht hat: das Denkmal des Scholastikus Vulpert von Ders im Dom wiederholte seinen 
Aufbau. Ich stehe nun nicht an, in der Darstellung auf der Grabplatte des Dekans Bernhard von 
Breidenbach (ein wirklich liegender Toter!) ebenfalls einen Nachklang des Sierck-Denkmals zu 
finden, vielleicht vermittelt durch das Denkmal Adolfs II. in Eberbach, nicht im Stil, aber zunächst 
im Motiv. Ebenso finde ich Beziehungen zwischen der Strohut-Kreuzigung in St. Stephan und dem 
Baden-Badener Kruzifixus des Nikolaus Gerhaert. Vor allem aber scheint mir wirklich auch der Stil 
  
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19. Kopf des Christus der Grablegung 
4 Kautzsch, Mainzer Dom 25 
 
	        
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