20 II. Grundgesetze des Magnetismus.
immer aus dem Nordpol austreten, so kann die Regel auch in der
Form gegeben werden, dass der Beschauer in die Richtung der 'er-
zeugten Kraftlinien blickt, wenn er so vor dem Stabe steht, dass er
den Strom im Sinne des Uhrzeigers fliessen sieht.
Wenn die stromdurchflossene Spule im Stande ist, den Eisen-
kern zu magnetisiren, so ist anzunehmen, dass ihr selbst eine ma-
gnetische Kraft innewohnt. Diese Schlussfolgerung bestätigt sich
durch die Erfahrung, wenn man den Eisenkern aus der Spule ent-
fernt. In diesem Falle bringt auch die Spule allein eine Ablenkung
der Magnetnadel hervor; ihre Wirkung ist aber schwächer, als
wenn sie den Eisenstab noch enthielte.
Bei der gleichen Natur der beiden Phänomene wird man offen-
bar das Magnetfeld einer Spule in derselben Weise wie das Feld
eines wirklichen Magnets darstellen können durch Kraftlinienbilder
oder durch die Angabe der Anzahl Dynen, welche irgendwo auf
einen Einheitspol wirken würden. An diese Thatsache aber lässt
sich für den Kraftlinienverlauf innerhalb der Magnete eine sehr
interessante und wichtige Schlussfolgerung knüpfen.
Bei den früheren Betrachtungen an der Hand der Figuren 2—5
ist nämlich stillschweigend die Voraussetzung gemacht worden, dass
nur ausserhalb der Magnete Kräfte wirken. Denkt man sich
Jetzt aber einen Eisenkern, wie z.B. den in Fig 2 dargestellten,
durch eine Spule ersetzt, so erkennt man, dass auch in seinem
Innern Kräfte wirken müssen. Für die Spule ist dies, selbstver-
ständlich, denn wenn diese oder die Gesammtheit ihrer Windungen
Kräfte nach aussen ausübt, so muss jede einzelne Windung solche
Kräfte erzeugen; die Kräfte einer jeden Windung werden aber in
deren Nähe am grössten sein, und so werden gerade im Innern der
Spule die stärksten Kräfte auftreten und daher die Kraftlinien am
dichtesten gezeichnet werden müssen. In analoger Weise ist nun
auch bei dem Eisenstabe, wie die genaue Theorie lehrt, das in Fig. 2
gegebene Bild der äusseren Kraftlinien durch ein im Innern des
Kernes parallel zur Axe liegendes dichtes Kraftlinienbüschel zu er-
gänzen, und es bleibt nur noch die Frage zu beantworten, wie beide
Kraftliniensystem in einander übergehen.
Betrachtet man zu diesem Zwecke zunächst wieder die Spule
und denkt man sich eine magnetische Masseneinheit im Innern
unter dem Einflusse der dort herrschenden Kraft bisan das Spulen-
ende bewegt, so wird die Masse, dort angekommen, die Bewegung