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muss jede Wechselstrommaschine Selbstinduktion besitzen. Schon
aus diesem Grunde, ganz abgesehen davon, dass in den meisten
Wechselstromkreisen durch eingeschaltete Transformatoren, Elektro-
motoren, Bogenlampen und deren Drosselspulen erhebliche Beträge
von Selbstinduktion vorhanden sind, muss eine erhebliche Verzöge-
rung der Phase der Wellenlinie des Stromes gegen die Wellenlinie
der EMK eintreten.
Denken wir uns nun, eine Ankerspule s bewege sich vor den
Feldmagneten I und II vorüber (vergl. Fig. 63), so empfängt sie
bekanntlich in der Stellung a die stärkste Induktion, die in ihr in-
duzierte EMK erreicht in dieser Stellung den höchsten Wert. Wenn
dagegen die Mitte der Spule mit der Mitte des Poles zusammen fällt,
die Spule also dem Pole am nächsten ist, wird die induzierte
EMK Null.
Wäre keine Selbstinduktion im Stromkreise vorhanden, so würden
die EMK und der dadurch im Anker er-
zeugte Strom gleiche Phase haben, dann
würde auch der Strom gleichzeitig mit der
EMKin der Stellung «a sein Maximum haben
und gleich Null sein, wenn die Spule s sich
gerade vor einer Polmitte befände. Wäre
keine Selbstinduktion im gesamten Strom-
kreise vorhanden, so würde das Magnetfeld
nicht merklich durch den Ankerstrom ge-
ändert werden.
Wenn aber infolge der Selbstinduktion
der Strom sein Maximum erst später erreicht,
so wird z. B. die Spule schon etwa in die
Stellung 5 gekommen sein, wenn erst der Strom infolge der Phasen-
differenz seinen höchsten Wert annimmt. In dieser Lage £ aber
sind die in der Spule durch den Strom erzeugten Kraftlinien denen
des Feldes II entgegengesetzt, sie werden also einen Teil der Kraftlinien
dieses Feldes vernichten, das Feld in seiner Gesamtheit schwächen;
andererseits wird eine ungleiche Verteilung der Kraftlinien innerhalb
des Feldes veranlasst werden. In dem hier gezeichneten Falle ß
würde z. B. der rechts gelegene Teil des zweiten Feldes stärker
werden, als der linke Teil.
Nun wäre aber auch der Fall denkbar, dass eine sehr bedeutende
Kapazität im Stromkreise oder eine ähnlich wirkende Ursache vorhanden
wäre; diese veranlasst bekanntlich ein Voreilen der Welle des Stromes
vor der Welle der EMK, verursacht also eine negative Phasenver-
schiebung. Dergleichen Fälle werden nicht sehr häufig vorkommen ;
es könnte aber doch ähnliches stattfinden, wenn z. B. eine Wechsel-
Fig. 63. Veranschaulichung
der Rückwirkung des Ankers
auf das Magnetfeld.