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eriten Eindrud, den er beim Betreten der Reichstagsſtadt
empfing, und alle weiteren Geſchichten und Geſchichtchen, die er
und Andere in Fülle von dem Leben in Augsburg zu erzählen
wiſſen, rechtfertigen die Prädikate des geharniſchten, anſehnlichen
und pompöſiſchen Reichstages, wie kein anderer vor und nah
hier gehalten worden iſt. Je unbehaglicher fich die meiſten
Anweſenden fühlten, deſto mehr ſuchten ſie ſi<h dur< Genüſſe
aller Art, wie ſie dieſe Stadt und dieſe Zeit bot, zu über:
täuben. Denn unter den vielen Kurfürſten, Herzögen, Fürſten,
Grafen und Herren aus allen Landen des weiten heiligen römi-
ſchen Reiches gab es kaum einen, dem nicht der Gang der
Dinge Aerger und Angſt erwe>t hätte. Die ſiegreiche katho-
liſche Partei konnte mit dem Tergiverſiren und Tranſigiren der
kaiſerlichen Politik nicht einverſtanden jein, am wenigſten die
geiſtlichen Herren. Sie hatten in Augsburg eine Fortſehung
und Vollendung der erſten Triumphe erwartet, welche die kaiſer-
lichen Waffen auf dem Schlachtfeld errungen hatten. Statt
deſſen glaubten fie wahrzunehmen, daß es dem Kaiſer niht
jowohl um Wiederheritellung des alten Glaubens, als um
Niederwerfung der Rebellen gegen feine weltliche Autorität zu
thun ſei. Von dieſer Seite her waren fie nicht weniger be
droht als die kezeriſchen Gegner, die jeht als Gefangene oder
ichwer gedemüthigt vor dem Kaiſer zitterten. Wie alle Die-
jenigen über die Lage dachten, die, ohne an der Rebellion
theilgenommen zu haben, weder die Wiederherſtellung des alten
Glaubens, noch die der kaiſerlichen Machtvollflommenheit wollten,
bedarf keiner Ausführung. Aber ſelbſt die Freunde und Bundes-
genoſſen des Kaiſers, denen er den größten Theil ſeiner Erfolge
verdankte, waren mißtrauifch und übelgelaunt. Ein ſcharfſichtiger
fremder Beobachter urtheilte, daß fi der Kaiſer alle Prote-
ſtanten und Katholiken, Geiſtlihe und Weltliche, verfeindet
habe, und daß ſeine Freunde, ein Herzog Heinrich von Braun
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