Full text: Aus einem Tagebuche des sechzehnten Jahrhunderts

    
     
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
     
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
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eriten Eindrud, den er beim Betreten der Reichstagsſtadt 
empfing, und alle weiteren Geſchichten und Geſchichtchen, die er 
und Andere in Fülle von dem Leben in Augsburg zu erzählen 
wiſſen, rechtfertigen die Prädikate des geharniſchten, anſehnlichen 
und pompöſiſchen Reichstages, wie kein anderer vor und nah 
hier gehalten worden iſt. Je unbehaglicher fich die meiſten 
Anweſenden fühlten, deſto mehr ſuchten ſie ſi<h dur< Genüſſe 
aller Art, wie ſie dieſe Stadt und dieſe Zeit bot, zu über: 
täuben. Denn unter den vielen Kurfürſten, Herzögen, Fürſten, 
Grafen und Herren aus allen Landen des weiten heiligen römi- 
ſchen Reiches gab es kaum einen, dem nicht der Gang der 
Dinge Aerger und Angſt erwe>t hätte. Die ſiegreiche katho- 
liſche Partei konnte mit dem Tergiverſiren und Tranſigiren der 
kaiſerlichen Politik nicht einverſtanden jein, am wenigſten die 
geiſtlichen Herren. Sie hatten in Augsburg eine Fortſehung 
und Vollendung der erſten Triumphe erwartet, welche die kaiſer- 
lichen Waffen auf dem Schlachtfeld errungen hatten. Statt 
deſſen glaubten fie wahrzunehmen, daß es dem Kaiſer niht 
jowohl um Wiederheritellung des alten Glaubens, als um 
Niederwerfung der Rebellen gegen feine weltliche Autorität zu 
thun ſei. Von dieſer Seite her waren fie nicht weniger be 
droht als die kezeriſchen Gegner, die jeht als Gefangene oder 
ichwer gedemüthigt vor dem Kaiſer zitterten. Wie alle Die- 
jenigen über die Lage dachten, die, ohne an der Rebellion 
theilgenommen zu haben, weder die Wiederherſtellung des alten 
Glaubens, noch die der kaiſerlichen Machtvollflommenheit wollten, 
bedarf keiner Ausführung. Aber ſelbſt die Freunde und Bundes- 
genoſſen des Kaiſers, denen er den größten Theil ſeiner Erfolge 
verdankte, waren mißtrauifch und übelgelaunt. Ein ſcharfſichtiger 
fremder Beobachter urtheilte, daß fi der Kaiſer alle Prote- 
ſtanten und Katholiken, Geiſtlihe und Weltliche, verfeindet 
habe, und daß ſeine Freunde, ein Herzog Heinrich von Braun 
(614) 
  
 
	        
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