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fnechte ſcheinen ihn fo angeſehen zu haben. Das Tagebuch
führt einen intereſſanten Beleg dafür an. Zwei kaiſerliche |
Soldaten, beide nicht mehr ganz nüchtern, ſtanden vor einem
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Bilderladen, wo unter anderen auch ein Porträt des Kurfürſten
N hing. Da fällt es dem Einen bei, fchlechte Späße zu machen
IN über die Schramme, das Andenken von Mühlberg, welche auf
M Y der Wange des Kurfürſten zu ſehen war. Der Andere verweiſt
| ihm das. Es kommt zum Wortwechſel, ſie ziehen die Schwerter,
und der Zweite erſticht den Erſten, den Spötter, rettet ſich aber
ſpornſtreihs dur< die Flucht.
Das Unglüd und die Art, wie es getragen wurde, hatte
alle Shuld des Mannes in den Augen ſeiner Glaubensgenoſſen
getilgt. Denn wenn man eine nur etwas ſcharfe Kritik hätte
anlegen wollen, ſo hätte man feiner grenzenloſen Unfähigkeit
denn doch mit Recht den größten Theil des Mipgejchicdes zu:
ſchreiben müſſen, das die Proteſtanten ſeit dem Herbſte 1546
getroffen hatte. Aber davon iſ bei Wolrad keine Rede, und
er iſt hierin mehr wie anderswo nur das Organ der öffent-
lichen Meinung. „Heute war es der ewig von uns Deutſchen
zu betrauernde Jahrestag, daß der erlauchte Kurfürſt Johann
Friedrih an der Elbe mit wenigen Getreuen gefangeu wurde,
indem fich fein Heer zur Flucht wandte und ein großer Theil
ſeines Adels zum Feinde abfiel! —“ fo lautet am 24. April
1548 die Geſchichte der Mühlberger Schlacht, die wir freilich
etwas anders kennen. Aber was folgt, rechtfertigt ſhon einiger-
maßen die Parteiſtellung : „Die ſpaniſche Wache des Gefangenen
und die übrigen ſpaniſchen Hackenſhüßen gaben drei gewaltige
Freudenſalven vor ſeiner Wohnung und ſchrien Victoria. Doch
der mannhafte Fürſt ſah aus dem Fenſter ruhig zu und lachte
über das tolle Gebahren der Schufte.“ Es iſt das würdige
Gegenftüc zu der heroiſchen Paſſivität, mit der er gerade zwei
Monate vorher, am 24. Februar 1548, aus demſelben Fenſter
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