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ehrten Fürſten erweiſen, von welchem dieſer wohl nie etwas
erfahren hat. Bei dem Herumſtreifen in den Straßen der Stadt
wurde Wolrad vor einem Laden das Porträt des Kurfürſten
gewahr, das von dem Händler abfichtlich jo ausgehängt war,
daß es einem anderen, dem des Großtürken, gerade ins Geſicht
ſchaute. Raſch kaufte der Graf beide für jechg Baten, um
dieſer hmachvollen Schauſtellung ſeines Helden ein Ende zu
machen. Nach einigen Wochen wurden ſeine Augen wieder
durch denſelben Anbli> beleidigt, und wieder verſuhr er auf
dieſelbe Art. Bekanntlich pflegte die katholiſhe Partei dem
Kurfürſten und allen Schmalkaldenern ein geheimes Einver-
ſtändniß mit dem Großtürken als ärgſtes aller ihrer Verbrechen
vorzuwerfen. Thatſächlich exiſtirte nihts davon, aber es iſt
niht zu leugnen, daß man es im Schmalkaldiſchen Lager nicht
ungern ſah, wenn der Kaiſer duch den Erbfeind der
Chriſtenheit etwas in Athem gehalten wurde. Um ſich direkt
mit ihm zu verbinden, dazu hätte man ein ſo weites Gewiſſen
haben müſſen, wie es die allerchriſtlichſten Könige von damals
hatten.
Als warmer Patriot empfand es Wolrad beſonders fchwer,
daß fremde Soldaten, und nun gar die ſo gründlich verhaßten
Spanier, den edlen deutſchen Fürſten bewachten. „Es iſt und
bleibt ein Kummer und eine Schmach für uns Deutſche, daß
Spanier unter Trommelſchall vor die Wohnung des trefflichen
Johann Friedrich rü>en dürfen, um da die Nachtwache zu be-
ziehen,“ notirte er im Tagebuch, als er abends um aht Uhr
die verſchiedenen Wachen hatte aufziehen ſehen.
Der Kaiſer erhielt eine deutſhe Wache, und das erſchien
Wolrad ebenſo unpaſſend, wie die ſpaniſche bei dem Kurfürſten.
Es iſt das ein kleiner, aber doch ſehr charafteriftifcher Zug für
die ganze Stellung des Kaiſers zu dem deutſchen Volke und
Weſen. Er gilt eben nicht für einen Deutſchen, wie er ſelbſt
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