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it nur ein weiterer Schritt, wenn die Gothik jolche Waſſerſpeier
oder die Köpfe im Laubwerk von den Säulenkapitälen dany
weiterhin bei dem Chorgeſtühle in Holz nachbildet oder im
Lettner aus Schmiedeeiſen zur Darſtellung bringt. Sie haben
zwar an beiden feine eigentliche Stätte, aber es iſt auch hier
mit der Thatſache des Vorhandenſeins einfach zu rechnen. Als
man einmal auf folch’ Eleine Naturwidrigfeiten gekommen war,
machte man bald darin weitere Fortſchritte. Schon die Gothif
hat als Eden 3. B. der oberen Hälfte von Kanzeln figende
Figuren angebracht, die feine Stüße haben, folglich nur an der
Seanzelede angeleimt ſein können. Schon die Gothik hat als
Verzierung auf eine Säule eine menſchliche Büſte geſezt, welche
dann weiterhin, gerade wie die Säule es thun ſollte, eine von
oben kommende Laſt trägt. Noch weiter gebt in allen diejen
Dingen die Renaiſſance. Sie geht weiter erſtens, weil ſie niht
nur im Eirchlichen Sdeenkreife fich bewegt, ſondern die ſämtlichen
Mythen des klaſſiſchen Alterthums und deren Geſtalten mit
verwendet. Engelköpfe mit Flügeln finden in der Renaiſſance
als Ornament eine ausgedehnte Verwendung, daneben aber
Nixen und Necde mit und ohne Flügel, Frauenköpfe und Blumen-
mädchen, aus Kelchen hervorwachſend, Löwen, Sphinxe, Harpyen
und alle möglichen fabelhaften Thiere tummeln ih im bunten
Durcheinander als Ornament auf den Erzeugniſſen der Re-
naiſſance herum. Namentlich iſt es die Menſchengeſtalt und be-
ſonders wieder das menſchliche Geſicht, bas ungeheuer frei und
ohne vernünftigen Grund als Ornament verwendet wird. Der
Künſtler ſcheint eben ſehr oft einzig und allein auf die Schönheit
der Linie geachtet zu haben. Von den nachfolgenden Stilen,
dem NRofofo und Barock oder der modernen Zeit, ſofern fie nicht
reine Nachahmung iſt, will ih lieber gar nicht reden. Auszunehmen
iſt nur die allerneueſte Kunſt in ihren beſſeren Leiſtungen. -
Sie ſehen, wir haben es in der Symbolik und Ornamentik mit
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