18 Zweites Kapitel.
dem einen oder dem andern der beiden Pole des Stabes M ist, um
so stärker wirkt die Anziehung oder Abstossung. Wandert also der
magnetische Pol vom Nordpol zum Südpol des Stabes längs der-
selben Kraftlinie, so ändert sich die auf ihn wirkende Kraft von
Punkt zu Punkt. Diese Aenderung ergiebt sich auch aus Fig. 4
wo die Eisenfeilspähne am dichtesten in der Nähe der Pole ange-
,
häuft sind und um so spärlicher werden, je weiter wir uns von den
Polen entfernen. Die Dichtigkeit dieser Kraftlinien ist in der That
ein Maass für die Kraft, die in den verschiedenen Theilen des Feldes
auf den beweglichen Pol ausgeübt wird. Man sagt gewöhnlich, die
Kraft, die in einem gegebenen Theile des magnetischen Feldes auf
einen beweglichen Pol wirkt, rührt davon her, dass dort so und so
viel Kraftlinien auf das Quadratcentimeter kommen; vorausgesetzt
wird dabei, dass die Kraftlinien die Fläche dieses Quadratcentimeters
rechtwinklig schneiden. Geben wir also die Feldstärke zwischen den
Polen und dem Anker einer Dynamomaschine zu 5000 C.G.S.-Ein-
heiten an, so meinen wir damit, dass durch jedes Quadratcentimeter
des Zwischenraums 5000 mal soviel Kraftlinien laufen, als durch ein
Quadratcentimeter desjenigen Raumes, in dem die Einheit der Kraft
auf den Einheitspol wirkt. Wir brauchen uns also nur über die
Definition dieser Einheiten zu verständigen und können alsdann die
Stärke eines magnetischen Feldes für jeden Punkt numerisch an-
geben.
Es muss hier jedoch vor einem Irrthum gewarnt werden, der
aus einer allzu engen und wörtlichen Deutung der Theorie der Kraft-
linien entstehen kann. Diese Theorie rührt, soweit sie sich auf den
Magnetismus bezieht, von Faraday her, der damit auf einfache und
natürliche Weise die magnetischen Erscheinungen zu erklären ver-
suchte, ohne jedoch den Kraftlinien irgend welche physikalische
Existenz zuzuschreiben. Bei dieser Einschränkung ist keine Gefahr
vorhanden, dass man Faraday’s Auffassung falsch anwendet; be-
trachten wir aber die Kraftlinien als wirklich existirend, so dass sie
eine bestimmte Dimension und Lage haben und eine bestimmte Kraft
ausüben, so hält die Theorie nicht Stand.
Um dies zu zeigen,
wollen wir beispielsweise die Anordnung der Kraftlinien in einem
Einheitsfelde betrachten. Nach der Theorie kommt in einem solchen
Felde nur eine Kraftlinie auf jedes Quadratcentimeter, und jede der-
selben übt die Einheit der mechanischen Kraft auf den in ihr be-
findlichen Einheitspol aus. Es giebt jedoch innerhalb des von einer
Kı
Pı
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