Schlüpfung. 233
ströme wirklich diese Wirkung hervorbringen, zeigt sich in der
Praxis schon darin, dass Zweiphasenmotoren ebenso gut wie Drei-
phasenmotoren arbeiten; und doch müsste der Unterschied zwischen
höchster und niedrigster Feldstärke bei den erstern 42%, und bei
letztern 16 %, betragen.
Um also die Untersuchung der Betriebsbedingungen von Dreh-
strommotoren mathematisch möglichst zu vereinfachen, nehmen wir
an, dass sich die Induktion im Luftzwischenraum zwischen den
Feldmagneten und dem Anker nach dem Sinusgesetz ändert. Ob
diese Induktion allein von den Feldmagneten herrührt oder ob
die Ankerströme dabei mitwirken, wollen wir vorläufig dahingestellt
sein lassen; wenn der Motor im Gange ist, soll ein solches Feld mit
einer Geschwindigkeit umlaufen, die der Frequenz des zugeführten
Stromes entspricht. Hätten wir vier Spulen, wie in Fig. 101, und
eine Frequenz von 50, so würde dies einem zweipoligen Felde ent-
sprechen, das 50 Umdrehungen in der Sekunde oder 3000 in der
Minute machte. Die Geschwindigkeit des Ankers muss natürlich
kleiner sein, da er bei seiner Bewegung Widerstände zu überwinden
hat. Würde aber wirklich der Fall eintreten, dass der Anker und
das Feld genau dieselbe Umdrehungsgeschwindigkeit hätten, so
bliebe auch der Induktionsfluss in jeder Spule oder zwischen zwei
beliebigen Drähten auf dem Anker unverändert; es könnte also
auch keine elektromotorische Kraft und kein Strom in den Anker-
drähten zu Stande kommen. Ohne Strom ist aber auch keine
Zugkraft denkbar, und der Anker könnte daher nicht in Um-
drehung versetzt werden. Eine Veränderung des Induktionsflusses
innerhalb der Ankerwindungen ist daher unbedingt nöthig und
bedingt ihrerseits einen Unterschied zwischen der Umdrehungs-
geschwindigkeit des Ankers und der des Feldes. Man bezeichnet
diesen Unterschied als die Schlüpfung des Ankers. Die Umdrehungs-
zahl des Ankers bleibt in Folge dessen hinter der des Feldes zurück.
Bei den heutigen Maschinen beträgt die Ankerschlüpfung bei voller
Belastung etwa 4°, und erreicht selten 10 0/, der Umdrehungszahl;
gute Drehstrommotoren verhalten sich demnach hinsichtlich der
Konstanz ihrer Geschwindigkeit bei verschiedener Belastung etwa
wie Gleichstrommotoren mit Nebenschlusswicklung.
Wir erwähnten oben, dass der in Fig. 101 dargestellte Anker
bei einer Frequenz von 50 mit 3000 Umdrehungen in der Minute
umlaufen würde, wenn seine Bewegung keinen Widerstand fände;