158 Sechstes Kapitel.
grades. Die grosse Bedeutung dieses Umstandes tritt noch mehr
hervor, wenn wir die elektrische Kraftübertragung mit der hydrau-
lischen vergleichen. Bei dieser verbraucht der Motor stets das
gleiche Quantum Wasser, wie gross auch die geleistete Arbeit ist,
und da der Druck konstant bleibt, so ist der Wirkungsgrad sehr
niedrig, wenn der Motor unter seiner normalen Belastung arbeitet.
Das System der Kraftübertragung vermittelst zweier Haupt-
strommaschinen besitzt ferner den Vorzug, dass sich die Geschwin-
digkeit des Motors selbst regulirt. Wir haben gezeigt, wie ein mit
konstantem Strom betriebener Motor so gebaut werden kann, dass
er bei jeder Belastung mit derselben Geschwindigkeit läuft. Das-
selbe lässt sich auch für einen Motor erreichen, der dazu bestimmt
ist, bei konstanter Spannung zu arbeiten. Im ersten Fall muss die
”
Fig. 69.
Spannung steigen, wenn die Belastung wächst, im zweiten Fall
muss die Stromstärke zunehmen, wenn die Belastung erhöht wird,
während die eine oder die andere dieser Grössen an der Er-
zeugungsstation konstant gehalten wird. Aber bei der Hauptstrom-
maschine ist weder Stromstärke noch Spannung konstant, sondern
beide ändern sich, wobei sie gegenseitig von einander abhängen.
Es scheint daher auf den ersten Blick, als ob dadurch die Selbst-
regulirung des Motors erheblich erschwert wäre. Dies ist jedoch
nicht der Fall, da dieselben Eigenschaften, die bei der Dynamo-
maschine in dieser Beziehung hindernd auftreten, beim Motor im
umgekehrten Sinne wirken.
In Fig. 69 möge OE die gewöhnliche Charakteristik des Haupt-
stromgenerators vorstellen; die Kurve soll für eine bestimmte Ge-
schwindigkeit, z. B. 1000 Umdrehungen in der Minute, gezeichnet