224 Neuntes Kapitel.
strommaschine treibt jetzt ihre eigene Erregermaschine, und diese
kann noch dazu benutzt werden, um die Batterie für den weitern
Gebrauch wieder zu laden. Alle diese Einrichtungen sind verhältnis-
mässig einfach und billig, wenn man es mit grossen Kräften zu thun
hat; bei kleinen Motoren bilden jedoch die Erregermaschine, die
Batterie, der Synchronisator und die Einrichtungen, um den Motor
allmählich zu belasten, eine umständliche und kostspielige Beigabe,
die diese Art der Kraftübertragung wenig vortheilhaft macht.
Besonders in Deutschland und in Amerika richtete sich da-
her die Aufmerksamkeit der Elektrotechniker bald darauf, ein
Kraftübertragungssystem zu finden, das von diesen Nachtheilen
frei war. Die verschiedenen zu diesem Zwecke erfundenen asyn-
chronen Motoren zeigen grosse Abweichungen in ihren Einzel-
heiten, haben jedoch alle das gemeinsam, dass ihr Anker durch
ein magnetisches Feld angetrieben wird, das mit mehr oder weniger
gleichmässiger Winkelgeschwindigkeit um die Achse rotirt. Der-
artige Maschinen sollten daher Drehfeldmotoren genannt werden; es
hat sich jedoch dafür der Name Drehsirommotoren eingebürgert, den
wir auch beibehalten wollen. Zuweilen findet man sie auch als
Mehrphasenmotoren bezeichnet, weil zwei, drei oder mehrere Wechsel-
ströme von gleicher Periodenzahl, aber von verschiedener Phase zu
ihrem Betriebe verwendet werden. Ihr Vorzug vor den gewöhnlichen
Wechselstrommaschinen besteht darin, dass sie von selbst angehen
und besonderer Erregermaschinen nicht bedürfen.
Im Folgenden wollen wir einen kurzen geschichtlichen Ueber-
blick über die Erfindung der Drehstrommotoren geben, ohne uns
jedoch auf die Streitigkeiten über die Priorität ,der verschiedenen
hierauf bezüglichen Patente einzulassen. Wie so viele andere be-
deutende Erfindungen, ist auch die des Drehstrommotors älter, als
man gewöhnlich annimmt. Nach den Ermittlungen des Verfassers
reicht sie bis ins Jahr 1879 zurück, wo Walter Baily am 28. Juni
vor der Physikalischen Gesellschaft in London zeigte, dass man die
Erscheinungen des Arago’schen Rotationsmagnetismus mit Hülfe
einer Anzahl fester Magnete hervorrufen kann, die auf eine Kupfer-
scheibe wirken. _Der Vortrag wurde im Philosophical Magazine
(Oktober 1879) mit einigen Figuren veröffentlicht, welche das
Prineip der Erfindung und die Versuchsanordnung erläutern. Eine
Kupferscheibe wird in ihrer Mitte von einer Spitze getragen, sodass
sie sich frei drehen kann. Unter der Scheibe befinden sich vier
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