Kraftlinien. 17
Linien bildet eine geschlossene Bahn, die von einem Punkte des
einen Magnetendes ausgeht und zu dem entsprechenden Punkte des
andern Endes zurückkehrt. Ein Theil der Kurven erstreckt sich
weit in den Raum hinein, noch über den Rand des Papiers hinaus,
und so weit die offenen Linien sichtbar sind, werden sie desto
schwächer, je weiter sie sich von den Polen entfernen. Sie müssen
indessen doch als geschlossene Linien betrachtet werden, nur sind
sie so schwach, dass wir sie nicht längs ihrer ganzen Länge zeichnen
können. Wenn die Pole unseres Magnets zwei mathematische
Punkte wären, so würden alle Linien durch diese Punkte hindurch-
gehen, aber da wir es mit einem physikalischen Magnet zu thun
haben, dessen Polflächen von gewisser Grösse sind, so gehen die
Kurven von allen Punkten dieser Flächen aus.
Um die magnetischen Eigenschaften dieser Linien zu untersuchen,
nehmen wir eine magnetisirte lange, dünne Nadel (z. B. eine Strick-
nadel), welche vertikal an einem langen Faden aufgehängt ist, so
dass das untere Ende der Nadel nicht weit von dem Papier entfernt
ist und sich frei darüber bewegt. Wir finden alsdann, dass dieses
Ende von dem einen Pol des Magnets abgestossen, von dem andern
angezogen wird. In Folge der vereinigten Wirkung beider Kräfte
bewegt es sich längs jener Kraftlinie, auf der es im ersten Augen-
blick dem Papier genähert wurde; niemals wird seine Bahn senk-
recht zu den Kraftlinien verlaufen. Wir schliessen aus diesem Ver-
such, dass die Kraftlinien Wege sind, längs denen sich ein freier
Magnetpol unter dem Einfluss des Magnets bewegt. Ein freier
Magnetpol vom entgegengesetzten Zeichen wird sich ebenfalls längs
der Kraftlinien, aber in entgegengesetzter Richtung, bewegen und
hat er dieselbe Stärke, so wird er mit gleicher Kraft fortgetrieben.
Wenn wir statt einer langen vertikalen Nadel eine sehr kurze nehmen,
die in ihrem Mittelpunkt horizontal dicht über der Papierfläche auf-
gehängt ist, so suchen die entgegengesetzten Kräfte die Nadel so zu
bewegen, dass sie tangential zu der Kraftlinie steht, die durch ihren
Mittelpunkt geht, und da alsdann die beiden Kräfte gleich, aber
entgegengesetzt sind, so verschiebt sich die Nadel nicht weiter. In
welchen Punkt auf einer der Kurven wir die Nadel auch immer
bringen, sie wird stets eine solche Lage annehmen, dass ihre magne-
tische Achse, d. h. die gerade Verbindungslinie ihrer beiden Pole,
eine Tangente der Kurve wird (Fig. 2). Man muss hierbei jedoch
beachten, dass sich die Nadel aufrecht stellt, wenn sie im Vergleich
Kapp, Elektr. Kraftübertragung. 3. Aufl, ”