Zehntes Kapitel.
Einphasenmotor. — Allgemeine Beschreibung seines Verhaltens. —
Theorie des Einphasenmotors. — Nutzen der Selbstinduktion. —
Diagramm für das Drehungsmoment. — Praktische Beispiele. — Vor-
richtungen zum Angehen.
Die im vorhergehenden Kapitel beschriebenen Mehrphasenmotoren
haben den Nachtheil, dass sie drei oder vier Leitungen benöthigen
und daher nicht ohne weiteres in gewöhnlichen Wechselstromanlagen
zu verwenden sind, die Beleuchtungszwecken dienen. Anderseits
macht es Schwierigkeiten, Mehrphasenanlagen gleichzeitig für Licht
und Kraft in Anspruch zu nehmen, da dann in Folge der ungleichen
Belastung der Zweige leicht Betriebsstörungen auftreten. Die hier
vorhandene Lücke füllt der asynchrone Einphasenmotor aus, der dem
Drehstrommotor sehr nahe steht und die Möglichkeit bietet, aus
Wechselstrom-Lichtanlagen gleichzeitig auch Kleinmotoren zu be-
treiben. Wir wollen uns im Folgenden mit seiner Theorie be-
schäftigen.
Bringt man in ein oscillirendes Feld, das ein einphasiger Wechsel-
strom erzeugt, einen Anker mit kurzgeschlossener Wicklung, so bleibt
er in Ruhe, so lange er sich selbst überlassen ist. Versetzt man
ihn jedoch durch eine äussere Kraft in immer schnellere Drehung,
so läuft er von einem bestimmten Augenblicke an von selbst; die
Geschwindigkeit steigt dabei noch allmählich an, bis der Synchro-
nismus nahezu erreicht ist. Die Maschine kann alsdann belastet
werden und läuft ohne Störung als Motor weiter. Diese Erscheinung,
dass der einmal in Gang gesetzte Anker ein Drehungsmoment im
Sinne der Bewegung ausübt, lässt sich auf folgende Weise erklären.
Die Kraftlinien des oscillirenden Feldes mögen vertikal verlaufen,
und eine bestimmte Windung des Ankers, die eine Fläche Q ein-
schliesst, bilde zu einer gewissen Zeit mit der Richtung der Kraft-