70 Zweites Kapitel.
Kraftlinien, welche von einem Pol ausgehen und in eine Hälfte des
Ankerumfanges eintreten, so ist die mittlere elektromotorische Kraft,
die in jedem Draht entsteht, nach Gleichung (2)
N
Da !/,vo Drähte zeitweilig hintereinander geschaltet sind, so
ist die mittlere elektromotorische Kraft des Ankers
E,—2v02,- Ne erh
Man kann einwenden, dass dieser Ausdruck, der auf Gleichung (2)
beruht, nur dann gilt, wenn die Bedingung, unter der er abgeleitet
wurde, bei der Dynamomaschine erfüllt ist. Diese Bedingung be-
stand darin, dass das Feld in dem vom Anker eingenommenen Raume
vollständig gleichförmig ist. In Wirklichkeit ist das niemals der
Fall, und die genaue Vertheilung ist nicht genau bekannt. Man
könnte deshalb daran zweifeln, ob Gleichung (4) streng richtig ist
in dem Falle, wo die Feldstärke nicht gleichförmig, sondern in ver-
schiedenen Theilen des Feldes verschieden ist. Es ist daher wün-
schenswerth, die Formel für die elektromotorische Kraft unter der
Voraussetzung abzuleiten, dass die Feldstärke in einem beliebigen
Punkte des Ankerumfangs eine Funktion des Winkels « ist, welchen
der Radius dieses Punktes mit der neutralen Linie bildet. Wie diese
Funktion beschaffen ist, vermögen wir nicht zu sagen; es ist auch
nicht nothwendig, dass wir sie definiren können. Wir machen nur
die einzige Annahme, dass sich die Feldstärke nicht plötzlich, son-
dern stetig von Punkt zu Punkt ändert. Wir nehmen ferner an, dass
die Anzahl der Drähte auf dem Anker gross und mithin ihr Winkel-
abstand Ja sehr klein ist, und zwar so klein, dass die Feldstärke
innerhalb dieses Winkelraums als konstant angesehen werden kann.
Da die elektromotorische Kraft, welche in den Drähten entsteht,
ihrer Geschwindigkeit proportional ist, so genügt es, sie für eine
bestimmte Geschwindigkeit zu bestimmen; will man sie für eine
andere Geschwindigkeit berechnen, so kann man sie dadurch er-
halten, dass man den vorher gefundenen Werth mit dem Verhältnis
der beiden Geschwindigkeiten multiplieirt. Im vorliegenden Falle
nehmen wir als eine passende Geschwindigkeit diejenige an, die
jeden Draht am Ende einer Sekunde in die Lage führt, welche zu