Full text: Elektrizitätslehre für Mediziner und Elektrotherapie

S 84. Gebrauch des Extrastromes. 183 
sekundäre Spirale des Duchenne’schen Apparates bestand nämlich 
aus sehr zahlreichen Windungen eines ausserordentlich dünnen Drahtes. 
Die primäre Rolle hatte gleichfalls viel mehr Windungen als bei den 
jetzt üblichen Induktorien und man musste daher eine ziemlich starke 
Kette anwenden. Mit der Zahl der Windungen wächst natürlich die 
elektromotorische Kraft des in ihr erzeugten Induktionsstromes, mit 
der Länge und Dünne des Drahtes wächst aber auch ihr Widerstand. 
Dieser war daher bei dem Duchenne’schen Apparate ein sehr be- 
trächtlicher. Benutzte man die sekundäre Rolle zur Erregung der 
sensiblen Nerven, so kam dieser Widerstand gegen den noch viel 
grösseren der trockenen Epidermis nicht so sehr in Betracht, man 
erhielt eine kräftige Erregung. Dahingegen war dieser. Widerstand 
von sehr erheblichem Einfluss auf die Stromstärke, wenn es sich darum 
handelte, Muskeln zu erregen. Denn indem man in diesem Falle 
durch die Anwendung der feuchten Elektroden den Widerstand im 
menschlichen Körper herabsetzte, blieb doch der Widerstand der In- 
duktionsspirale so gross, dass der Strom keine erhebliche Stärke er- 
reichen konnte. Die ungeheure Windungszahl der sekundären Spirale 
schadete in diesem Falle mehr, als durch die Vermehrung der indu- 
zirenden Wirkung gewonnen wurde. Benutzte man dagegen den Extra- 
strom zur Erregung der Muskeln, so bekam man kräftige Wirkungen, 
da jetzt bei dem geringeren Widerstande des eingeschalteten Körper- 
teiles selbst bei geringerer induzirender Wirkung die Ströme schon 
hinreichend stark wurden. 
Alle diese Verhältnisse kommen bei dem zweckmässiger gebauten 
Apparate von du Bois-Reymond in viel geringerem Grade in Be- 
tracht, weil bei diesem die sekundäre Rolle gar nicht so viele Win- 
dungen hat, als bei dem Duchenne’schen. Ihr Widerstand ist daher 
viel geringer, und sie schwächt die Ströme nicht in so hohem Grade. 
Noch grösser ist der Unterschied bei den primären Spiralen, welche 
bei den grössten der nach du Bois-Reymond’s Modell gebauten 
Apparate, wie sie in der Elektrotherapie Verwendung finden, gewöhn- 
lich nur etwa 250 Windungen eines Kupferdrahts von 1 mm. Durch- 
messer enthält. Bei diesem Apparate hat es daher gar keinen Sinn, 
sich des Extrastromes zu bedienen, welcher wegen der geringen Win- 
dungszahl der primären Rolle überhaupt nur schwach ist. Ganz falsch 
aber ist es, dies dadurch gut machen zu wollen, dass man beide 
Rollen durch Drähte zu einer einzigen verbindet, wie Manche anraten. 
Denn dadurch schwächt man den primären Strom der Kette, von 
dessen Stärke doch wieder die Stärke des induzirten Extrastromes 
  
 
	        
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