$ 85. Polare Methode. 187
Angenommen, die auf den N. facialis dexter aufgesetzte Elek-
trode wäre die Kathode, so wird man bei Schliessung des Stroms
Zuckung in den vom Facialis versorgten Gesichtsmuskeln sehen, nicht
aber bei der Oeffnung. Umgekehrt wird es beim Aufsetzen der Anode
sein. Nur wenn die Ströme übermässig starke wären, so dass auch
an Stellen des Nerven, welche etwas entfernter von den Elektroden
liegen, Stromfäden, welche von ihm in die benachbarten Gewebe über-
gehen, eine hinreichende Dichte erlangten, um zu wirken, könnte man
eine Mischung der Kathoden- und Anoden-Wirkung sehen. Die weitere
Verfolgung dieses Gegenstands und die etwaigen Abweichungen, welche
in krankhaften Zuständen auftreten können, wird im zweiten Teil ab-
gehandelt werden.
Nur eine kleine Abänderung dieses Versuchs wollen wir hier
noch erwähnen, weil sie die physikalischen Verhältnisse, die dabei
obwalten, gut erläutert. Man setze zwei kleine knopfförmige Elek-
troden auf den oben bezeichneten Punkt beiderseits auf. Der Strom
wird jetzt im Ganzen schwächer, denn die Widerstände sind im Ganzen
grösser als bei der früheren Anordnung. Aber beide Nn. faciales
finden sich unter gleichen Bedingungen. Macht man nun den Strom
hinreichend stark, damit er überhaupt eine Wirkung: gibt, so erhält
man eine Zuckung bei der Schliessung des Stroms nur an der Kathoden-
seite, bei der Oeffnung nur an der Anodenseite. Macht man die
gleichen Versuche mit einzelnen Induktionsschlägen, so ist die Wir-
kung an der Kathodenseite stärker, als an der Anodenseite. Induktions-
ströme verhalten sich also wie Schliessungen von konstanten Strömen.
Es ist deshalb notwendig, bei Anwendung des konstanten Stroms
zwischen der Batterie und den Elektroden einen Stromwender (vergl.
$ 39) einzuschalten. In der Regel wird ein solcher gleich an den
Kästen, in welchen die Batterieen enthalten sind, angebracht.
Ausserdem ist es wichtig, die Stärke des angewandten Stroms
leicht und sicher abstufen zu können. Hierzu haben wir zwei Mittel:
1) die Zahl der benutzten Elemente zu ändern, 2) Widerstände ein-
zuschalten.
Da der Widerstand des eingeschalteten Körperteils immer ausser-
ordentlich gross ist, so können wir die Widerstände der Batterie-
Elemente stets als sehr klein im Verhältniss zu jenem ansehen und
daher annehmen, dass die Stromstärke proportional der Zahl der
Elemente ist (vgl. $ 3%). Wenn wir also eine Batterie von 50 Ele-
menten zur Verfügung haben, so können wir über 50 Stromstufen
verfügen, welche der Zahl der benutzten Elemente proportional sind,