$ 135, 136. Treffbarkeit d. Rückenmarks durch d. galv. Strom. 329
Ausdrücklich soll an dieser Stelle noch einmal hervorgehoben
sein, dass es sich stets bei den Tieren, wie bei den Menschen um
die Erfolge auch elektrotherapeutisch verwertbarer Stromstärken
handelt, welche durch den unversehrten Schädel hindurch in die
Hirnsubstanz hineingeleitet werden. Wie naheliegend vielleicht auch
die Schlussfolgerung sein mag, dass die innerhalb des letzten Jahr-
zehnts erst erkannte Möglichkeit der elektrischen Erregbarkeit der
Grosshirnrinde und die schon länger bekannte Erregbarkeit tiefer ge-
legener Hirnpartien, auch bei perkutaner Anwendung der Elektrizität
zu Stande kommen könne, so wissen wir doch bis heute zu wenig
Sicheres hierüber, als dass wir die hypothetischen Anschauungen selbst
der besten Autoren über diese Fragen an dieser Stelle zu reproduziren
berechtigt wären. In dem der „Lherapie“ gewidmeten Abschnitte
(vergl. später) wird das etwa noch hierhergehörige kurz auseinander
gesetzt werden.
$ 136. Was die Möglichkeit betrifft, das Rückenmark durch
den elektrischen Strom zu beeinflussen, so ist schon oben hervorgehoben
worden, dass zuerst durch Erb!#, später durch Versuche von Burck-
hardt‘ und v. Ziemssen? die Tatsache sicher gestellt ist, dass bei
der gewöhnlichen Applikation der Elektroden am Rücken eines (unver-
sehrten) Tieres oder Menschen Stromschleifen in das Rückenmark
selbst eindringen. Von vornherein scheint es mehr als wahrscheinlich,
dass bei der Dicke der die Wirbelsäule bedeckenden Weichteile und
der Unmöglichkeit, an das Rückenmark anders als von der hinteren
einen Seite her heranzukommen, die Stromschleifen selbst nur schwache
sein werden. Erb konnte bei einzelnen Individuen durch Anwendung
eines (nebenbei bemerkt viel kräftigeren Stromes, als es am Kopf
möglich ist) starken Stromes von etwa 24 Elementen, bei Applikation
der grossen Anode auf die Brust, der mit grosser Oberfläche ver-
sehenen Kathode auf die obersten Lendenwirbel, nach öfteren Strom-
wendungen, später auch nur bei Schluss der Kette Zuckungen in den
vom N. ischiad. innervirten (hinteren) Oberschenkelmuskeln hervor-
rufen. Stand die Anode auf den Lendenwirbeln und war der Strom
lange genug geschlossen gewesen, so gelang es öfters, durch die
Stromesöffnung Zucküungen auszulösen. Diese Versuche sind von
Brenner!? wiederholt und bestätigt worden. Setzte Letzterer die
Kathode an die Lendenwirbel, so konnten selbst bei beliebiger Stellung
der Anode durch Stromesschluss mehr oder weniger deutliche exzen-
trische Sensationen im Unterschenkel, der Fusssohle und den Zehen