Full text: Elektrizitätslehre für Mediziner und Elektrotherapie

8 .150,.451. Galvanisationsmethoden. 361 
zündliche Veränderungen in den Nervenscheiden oder der Umgebung 
des Nerven (Knochenkanälchen etc.) zum Schwinden bringen und da- 
durch die normale ungestörte Funktion des Nerven wiederherstellen 
sollen. Die grosse Menge der sogenannten funktionellen Nervenkrank- 
heiten und Neurosen (Beschäftigungskrämpfe, Krämpfe in einzelnen 
zireumskripten Nervengebieten, ferner epileptische, hysterische, chorea- 
tische Zustände und viele andere mehr) kann häufig durch die „um- 
stimmenden“ Wirkungen, die wir mittelst des galvanischen Stromes, 
speziell durch die Applikation der Anode, auf etwaige Druck- und 
Schmerzpunkte ausüben, zu überraschend schneller Besserung und Hei- 
lung gebracht werden. 
Anmerkung. Nur der Vollständigkeit wegen erwähnen wir hier der von 
Schwenda'’ mittelst des galvanischen Stroms bei Rachendiphtheritis erzielten 
Heilungsresultate. In zwei Fällen soll unmittelbar nach der Sitzung (beide Elek- 
troden an der Zungenbeingegend, 6—7 Leclanch&’sche Elemente, allmähliches 
Abschwellenlassen des Stromes, Schluss mit 10 Stromwendungen) die vorher klang- 
lose Stimme heller, reiner, das Schlingen leiehter geworden und nach einigen Tagen 
die Geschwüre ohne jede andere Medikation bei einer Patientin geheilt sein (vege- 
tationshemmende Wirkung des Stroms?). Hierher gehört wohl auch die Beob- 
achtung Syciankos'”, der in wenigen Sitzungen mittelst des konstanten Stroms 
Gingivitis geheilt haben will (eine silberne, mit dem positiven Pol verbundene 
Platte am kranken Zahnfleisch, der negative Pol an der entsprechenden Halsseite; 
Stromesdauer von 2—3 Minuten, einige Wendungen). 
$ 151. So relativ einfach und übereinstimmend wie die An- 
schauungen der Autoren über die beste Methode der Anwendung fara- 
discher Ströme am lebenden Menschen sind, so verschieden waren und 
sind zum Teil noch die Meinungen über die Methode der Galvani- 
sation, die für den Elektrotherapeuten die Norm bilden soll. Das 
experimentell am Tiernerven darzustellende Zuckungsgesetz wurde 
unter der Anwendung entweder auf- oder absteigender Ströme zuerst 
auch für die therapeutischen Massnahmen verwertet. Aber schon 
die von den Physiologen (Pflüger) gegebene Deutung der je nach 
der Stärke der Ströme und ihrer Richtung beim Schluss und bei der 
Oeffnung der Kette auftretenden Wirkung liess klar durchblicken (vgl. 
oben S. 266), dass das Hauptgewicht auf die eigentümlichen, an den 
einzelnen Polen auftretenden Veränderungen im molekularen 
Verhalten der Nerven gelegt würde, unabhängig von jeder Richtung 
des Stromes. Wenn es daher nur natürlich war, dass anfänglich die 
Elektrotherapeuten die im Laboratorium gebräuchlichen Galvanisations- 
methoden auch für den lebenden, erkrankten Menschen in Anwendung 
zogen, so finden sich in der Literatur doch schon früh. ganz klare 
  
  
  
  
  
  
 
	        
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