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Einige elektrodiagnostische Beobachtungen an Gesunden, sowie elektro-
bracht werden. Fingerstreckung sehr mangelhaft. Daumenbewegungen frei. Links
kommt die Streckung der anderen Finger leidlich und gerade die des Daumens
weniger gut zu Stande.
Durch starke Induktionsströme sind alle Muskeln indirekt und besser noch,
2. B. beim Extens. digit. communis, direkt zu erregen: auch auf Reizung mit dem
konstanten Strom reagiren alle Muskeln, auch der Extensor digit. commun., mit
kurzen, schnellen Zuckungen, die KaSz sind vorherrschend vor den ASz, die an-
zuwendenden Stromstärken sind ziemlich bedeutende. (Vgl. S. 389.)
(Eigene Beobachtung. Bernhardt.)
35. Bleilähmung; ausgesprochene Mittelform.
Der 32jährige Feilenhauer S. hatte im 5. Jahre seiner Tätigkeit als solcher
zum ersten Mal die Bleikolik überstanden, der sich lähmungsartige Schwäche beider
Hände zugesellt hatte. Zu anderer Beschäftigung übergehend, blieb S. darauf Jahre
lang gesund. Die letzten 6 Jahre arbeitete er wieder als Feilenhauer; Anfang 1879
neue Erkrankung (reissende Schmerzen in den Gliedern, Unterleibsbeschwerden,
blutige Durchfälle, grosse Mattigkeit); Genesung. Seit einigen Wochen wieder
Hand- und Fingerlähmung; zur Zeit keine Schmerzen. Spuren eines Bleirandes:
rechte Hand schwächer als die linke. Die rechte Hand kann bis zur Horizontalen
gestreckt und bei eingeschlagenen Fingern sogar dorsalflektirt werden. Beim Aus-
strecken der Finger bleiben der vierte, namentlich aber der dritte unter der Hori-
zontalen. Die Seitenbewegungen der flach auf einer Unterlage liegenden Hand sind
frei, ebenso die Supination des Vorderarms; der Daumen kann gestreckt, nicht
aber von der Hand abduzirt werden. Der erste Zwischenknochenraum der Hand
ist eingesunken, ebenso bietet auch der Daumenballen ein atrophisches Aussehen
(auch ist die Erregbarkeit dieser Muskeln erheblich herabgesetzt). Links sind die
Verhältnisse im Ganzen dieselben. (Vgl. S. 388.)
Vom Stamm des N. radialis an der Umschlagsstelle am Oberarm aus (alles
dies rechts mehr ausgeprägt, als links) konnte man bei einer etwas höheren Strom-
stärke wie bei einem Gesunden durch den faradischen Strom deutliche Kontraktionen
nicht allein der frei gebliebenen Mm. supinatores, sondern auch der eigentlichen
Hand- und Fingerstrecker erzielen.
Bei Prüfung mit dem konstanten Strom ergab sich:
Vom Stamm (Umschlagsstelle) aus:
KaSz 10° die Zuckungen, auch im M. extensor digitor. com-
ASz und A0z 15° } munis waren kurz, blitzartig.
Bei direkter Reizung der Hand- und Fingerstrecker ergab sich:
KaSz 5° die Zuckungen waren langgezogen, träge, die ASz trat
RS2 25° } früher ein, als die KaSz.
Auch bei faradischer (direkter) Reizung reagirten die gemeinsamen Finger-
strecker bei etwas erhöhten Stromstärken deutlich mit schnellen Zuekungen. Die
Mm. deltoidei, bieipites, supinatores verhielten sich elektrisch durchaus normal.
Behandlung: Konstanter Strom längs des Cervicalmarks resp. Anode Nacken,
Ka Plexus brachialis stabil, .alsdann labil über Nerv und Muskel; mittelstarke
faradische Ströme. Erhebliche Besserung innerhalb 7 Wochen. (Vgl. S. 301, 388.)
(Bernhardt. Virchow’s Archiv. Bd. 78. 1879.)