Full text: Bericht über die wissenschaftlichen Apparate auf der Londoner internationalen Ausstellung im Jahre 1876

  
  
  
  
  
  
Grenzen der Leistung der Objective. 403 
rische Apertur“ bezeichnen kann !). Je grösser diese, desto kleinere 
Maasse sind der Abbildung unter sonst gleichen Umständen noch zu- 
gänglich — und umgekehrt. 
Die Fixirung der Grenze des Unterscheidungsvermögens der 
Mikroskope, welche der Theorie von Helmholtz und der hier ver- 
tretenen gemeinsam ist, stellt sich dar als eine Specialisirung dieser 
allgemeinen Norm für den Fall regelmässiger Structuren (Streifung, 
Schichtung ete.). Nach den Gesetzen der Diffraction ergiebt sich für 
derartige Gebilde die kleinste Distanz unterscheidbarer Theile, unter 
Voraussetzung der extremsten schiefen Beleuchtung, die ein Objectiv 
zulässt, gleich der halben Wellenlänge der abbildenden Strahlen (für 
Luft genommen) dividirt durch die eben definirte numerische Apertur, 
und unter Voraussetzung einer rein centralen Beleuchtung mittelst eines 
engen der Achse parallelen Strahlenbüschels, gleich der ganzen 
Wellenlänge dividirt durch die nämliche Zahl. 
Es ist hier nicht der Ort, zu entwickeln, welche Richtschnur diese 
Theorie für den wissenschaftlichen Gebrauch des Mikroskops ergiebt, 
im Besondern für den Fall — der bei feineren mikroskopischen Unter- 
suchungen weitaus der häufigere ist — dass die mikroskopischen Bilder 
überhaupt nicht mehr als einfache Abbildungen, als Projectionen der 
wirklichen Objeete, gedeutet werden dürfen, oder darzulegen, welche 
Bedeutung unter diesem Gesichtspunkte die Theorie der Diffraction als 
Hülfsmittel mikroskopischer Forschung insofern gewinnt, als diese 
Theorie eine Anleitung giebt, solche unvollständige Bilder richtig zu 
interpretiren und aus ihnen Schlüsse auf die wirkliche Beschaffenheit 
der Objecte zu ziehen. Es sollen vielmehr nur diejenigen Consequenzen 
namhaft gemacht werden, die zu einer Directive für die Construction 
der Mikroskope beitragen können. 
Als allgemeinstes Ergebniss der hier geltend gemachten Doctrin 
ist nun jedenfalls der Satz hinzustellen: dass alle Vervollkommnung 
der Mikroskope in erster Reihe auf Vergrösserung der Apertur der 
Objeetive gestellt ist und dass hierin der wichtigste Factor aller bis- 
herigen sowie die Grundbedingung für alle zukünftigen Fortschritte 
gesehen werden muss. Welche Bedeutung auch die beiden anderen 
Momente der optischen Wirkung, Vergrösserung und dioptrische Voll- 
  
!) Auch unter dem rein dioptrischen Gesichtspunkt erscheint das Product 
aus dem Sinus des halben Oeffnungswinkels und dem Brechungsindex des be- 
treffenden Mediums als das natürliche Maass der Oeffnung eines Linsensystems, 
weil nach dem Gesetz der Lichtbrechung Winkel, die für verschiedene Medien 
gelten, vollkommen äquivalent sind, sobald ihre Sinus sich umgekehrt ver- 
halten wie die Brechungsindices. Der Werth des genannten Productes bemisst 
deshalb den Oeffnungswinkel der Objective unabhängig von dem Einfluss des 
Mediums, auf das er sich bezieht, so dass durch diesen Werth z.B. Trocken- 
linsen und Immersionslinsen direct vergleichbar werden. 
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