680 Biedermann, Die Agriculturchemie.
Um eine zuverlässige Probe der Maht zu erhalten, wird folgen-
dermaassen verfahren. Es werden 8 bis 10 Mäher aufgestellt, und
nach jedem Sensenzuge wird eine Hand voll Gras aufgenommen, bis
das Wiesenstück vollständig abgemäht ist. Auf diese Weise erhält
man bei Weitem mehr, als nöthig ist. Die etwa 5 kg wiegende Masse
wird auf einer Leinewand gemischt, genau gewogen und sodann ge-
trocknet. Nachdem die möglichste Absonderung der Arten bewerk-
stelligt ist, bleibt noch ein nicht bestimmter Rückstand, von dem man
Stengel und Blätter einerseits von Blüthen und Samen andererseits
trennt. Unter diesen wird wieder die botanische Classifieirung vor-
genommen und so fort, bis zuletzt höchstens 10 Proc. der Masse ohne
Bestimmung zurückbleiben. Diese Arbeit beschäftigte im Jahre 1862
9 Botaniker nebst 3 bis 6 Gehülfen 6 Monate lang.
Die Resultate dieser Analysen führte der vorhin beschriebene
Kasten in der Ausstellung vor Augen. Die oft bewährte Freundlich-
keit des Dr. Gilbert hat uns in den Stand gesetzt, hier eine Tabelle
zu geben, welche, allerdings aus einer früheren Zeit als der der Aus-
stellung des Kastens stammend, nämlich aus dem siebenten Versuchs-
jahre (1862), dem Inhalt desselben im Wesentlichen entspricht.
(Vergl. die anliegende Tabelle.)
Beim ersten Blick sieht man, wie die Dünger die Flora ver-
ändert haben; einige Abtheilungen enthalten 40 verschiedene Arten,
während andere 25 und weniger enthalten, und doch zeigten alle vor
Beginn der Versuche einen ganz gleichmässigen Graswuchs.
Die hervorragendsten Resultate der durch diesen Kasten erläuter-
ten Untersuchung sind die folgenden.
1) Der Durchschnittsertrag an Heu pro Acre und Jahr auf den
verschiedenen Parcellen steigt von 1150kg auf Land ohne Dünger bis
3200 kg auf dem am stärksten gedüngten Stück.
3) Die Anzahl der gefundenen Arten beträgt im Allgemeinen 50
auf den ungedüngten Stücken und ist auf den stark gedüngten Stücken
bis auf 20 und darunter reducirt.
3) Die ohne Dünger gekommene Ernte enthält im Durchschnitt
74 Proc. Gramineen, 7 Proc. Leguminosen und 19 Proc. andere Arten.
Die Ernte ist homogen, aber kurz, im Stengel wenig entwickelt, grün
und hinter den anderen zurück zur Zeit der Maht.
4) Der Mineraldünger erhöht die Anzahl der Gramineen nicht
wesentlich, setzt ihren Ertrag herab, noch mehr den der Nebenarten,
aber vermehrt den Gesammtertrag pro Hectar und das Verhältniss der
Leguminosen. Stengel und Samen sind weit besser und früher ent-
wickelt als auf dem ungedüngten Lande.
5) Die Ammoniaksalze für sich steigern Ertragsverhältniss und
Anzahl der Gramineen; die Leguminosen verschwinden fast vollständig,
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