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der Straße abrücken, hat weiterhin noch einen dreifachen Vorteil. Einmal wird näm-
lich die in jeder Stadt mit Notwendigkeit mehr oder weniger stark auftretende Staub-
plage verringert, sodann wird das lästige, die Nerven angreifende Straßengeräusch
für die Anwohner wesentlich vermindert, und endlich kommen die Schauseiten der
Häuser besser zur Geltung.
Ferner wird man durch Anordnung einer Bepflanzung der Straßen selbst
ebensosehr den Anforderungen der Schönheit, wie der Hygiene entsprechen können,
ohne die Kosten des Straßenausbaues wesentlich zu vergrößern. Denn die Baum-
pflanzungen erfordern unbefestigte Straßenstreifen, deren Herstellung mit nur ganz
geringfügigen Mitteln bewerkstelligt werden kann.
Als weiteres Mittel zur Herbeiführung gesunder Zustände ist oben die Schaffung
zweckmäßiger Blocktiefen empfohlen worden. Für manche Fälle kann man
solche Blocktiefen als zweckmäßig bezeichnen, welche so gering bemessen sind,
daß die Anlage von ausgedehnten Hintergebäuden schon durch den Bebauungsplan
unmöglich wird. Diese Art von Baublöcken empfiehlt sich besonders, wie schon
oben 8. 23 erwähnt, für die von der weniger bemittelten Bevölkerung bevorzugten
Stadtteile, da sie bei ausreichender Luft- und Lichtzuführung eine durchaus gute
Ausnutzung der bebaubaren Flächen zuläßt und demgemäß die Wohnungsmieten ver-
billigt. In den von der wohlhabenderen Bevölkerung bewohnten Teilen der Stadt
wird man, um die Anlage von Gärten zu ermöglichen, die Blocktiefen größer zu
wählen haben, indessen, wie oben ebenfalls schon ausgeführt, nicht so groß, daß sich
für den Unternehmer zu gewinnbringenderer Ausnutzung des Baugeländes das Durch-
legen einer weiteren Straße durch den Baublock verlohnt.
Durch beide Anordnungen, welche übrigens stets in enger Beziehung zu
einander stehen sollen, nämlich einmal durch den Erlaß entsprechender, beschränkender,
baupolizeilicher Bestimmungen und sodann durch die Aufstellung von Bebauungsplänen
mit richtig abgewogenen Baublocktiefen, kann man also hygienische Vorteile erlangen.
Mag indessen das Zusammenwirken zwischen Bauplanaufstellung und Erlaß
von baupolizeilichen Bestimmungen noch so wohlerwogen und geschickt gehandhabt
sein, das Bestreben der Spekulanten, möglichst viel aus ihren Baugrundstücken her-
auszuwirtschaften, wird doch in vielen Fällen Mittel und Wege finden, welche die
besten Absichten des Planaufstellers verkümmern lassen oder gar ganz vereiteln.
Namentlich ist dies für diejenigen Stadtteile zu befürchten, welche nach ihrer Lage
vom wirtschaftlich schwächeren Teile der Bevölkerung benutzt werden. Es ist
daher nur zu wünschen, daß größere gemeinnützige Verbände erheblichere Teile
des Baugeländes der Spekulation entziehen und nach wohldurchdachten Plänen in
hygienisch und wirtschaftlich vorteilhafter Weise selbst bebauen. Ein Beispiel
für ein derartiges Verfahren bietet die von der Stuttgarter gemeinnützigen Bau-
gesellschaft erbaute, geradezu mustergültige Kolonie „Ostheim“ bei Stuttgart, deren
Anordnung aus dem Lageplan in Fig. 18 ersichtlich ist. Bis zum Juli des Jahres
1595 waren fast 225 Häuser fertig gestellt, welche durchweg eine abwechslungsreiche
gefällige äußere Gestaltung zeigen (Fig. 17). Die Häuser enthielten 617 Wohnungen,
welche sämtlich bezogen waren, und beherbergten rund 3200 Köpfe. Nach voll-
ständigem Ausbau wird Ostheim etwa 820 Familien mit 4500 Seelen Unterkunft
gewähren. Die Mieten sind verhältnismäßig sehr billig, und der Erwerb eines
eigenen Hauses ist nach den Bestimmungen der Gesellschaft auch für den ärmeren
Mann sehr erleichtert*).
*) Siehe: Hygienischer Führer durch Stuttgart. Festschrift zur XX. Versammlung des
deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege. Stuttgart 1895. — Ferner: Pfeiffer, E.
Eigenes Heim und billige Wohnungen. Ein Beitrag zur Lösung der Wohnungsfrage mit
besonderem Hinblick auf die Erstellung der Kolonie Ostheim-Stuttgart. Stuttgart 1896.