Full text: Die städtischen Strassen (Band 1, 2. Heft)

  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
6. Kapitel. 
Anordnungen des Strassenbaues in ihrem Verhältnis zu den einzelnen 
Einrichtungen der übrigen Zweige des städtischen Tiefbaues. 
a) Vorbemerkungen. 
Es liegt nur zu nahe, daß jede einzelne der zahlreichen Verwaltungen, welche 
ihre Versorgungsleitungen in die städtischen Straßen einzubetten oder welche Gegen- 
stände auf der Straßenoberfläche anzubringen oder aufzustellen hat, zunächst nur 
darauf bedacht ist, ihre Anordnungen möglichst so zu treffen, wie es ihren eigenen 
besonderen Zwecken am besten entspricht. Eine wohlwollende Berücksichtigung 
der besonderen Eigentümlichkeiten der verschiedenen Straßenbefestigungsarten kann 
daher nicht erwartet werden, und zwar um so weniger, als diesen Verwaltungs- 
zweigen fast durchweg eine Geringschätzung des Straßenbaues innewohnt, die nur 
noch durch die Unkenntnis seiner besonderen Eigentümlichkeiten und seiner be- 
rechtigten Anforderungen übertroffen wird. In den meisten Fällen wird der Straßen- 
bau heutzutage noch als das Stiefkind im Gebiete des städtischen Tiefbaues an- 
gesehen. Dies mag zunächst seinen Grund darin haben, daß er nicht nur nichts 
einbringt, sondern daß er im Gegenteil sogar ganz unverhältnismäßig hohe An- 
sprüche an die laufenden Ausgaben der Stadt stellt. Gaswerke, Wasserwerke, 
Elektrizitätswerke und ähnliche Anlagen liefern meist hohe jährliche Beiträge an 
die Stadtkasse ab; im gleichen Verhältnis mit dieser Summe, wenn nicht in Pro- 
gressionen höherer Ordnung, wächst das Ansehen der Werke und die Sonne der 
Gunst, welche gelegentlich der Etatsberatung der städtischen Körperschaften beim 
Bekanntgeben der Betriebsüberschüsse aufzugehen pflegt, stattet die Häupter sämt- 
licher Angestellten mit Strahlenbündeln aus, deren Stärke und Leuchtkraft im Ver- 
hältnis zur Höhe des bezogenen Gehaltes stehen. 
Weiterhin ist zu beachten, daß der Straßenbau sich offen vor aller Augen 
vollzieht, während alle übrigen Arbeiten des städtischen Tiefbaues auf dem ge- 
heimnisvollen Grunde mehr oder weniger tiefer Rohrgräben vor sich gehen. Jeder 
Bürger würde sich auf das entschiedenste dagegen verwahren, wenn man ihm das 
Legen einer Wasserleitung, einer Gasleitung oder gar eines elektrischen Kabels 
verantwortlich übertragen würde, während er sich im Straßenbauwesen seinem 
Stadtbaumeister sowohl theoretisch wie praktisch weit überlegen erachtet. Er ver- 
läßt eine Baustelle der ersteren Art mit dem Gefühle eines geheimen Schauerns 
vor der Größe der modernen Technik, während er sich von einem in der Aus- 
führung begriffenen Straßenbau mit Eindrücken entfernt, welche sich bei der 
nächsten Begegnung mit einem anderen Steuerzahler zu einem nichts weniger als 
schmeichelhaften Urteile über diesen Zweig der städtischen Bauverwaltung zu ver- 
dichten pflegen. 
Endlich kommt in Betracht, daß keine andere Anlage im städtischen Tiefbau 
so sehr dem Verschleiß unterworfen ist, wie gerade die Straßenbefestigungen, daß 
also naturgemäß Ausbesserungen und Erneuerungen beim Straßenbau ganz besonders 
häufig vorgenommen werden müssen. Berücksichtigt man dazu noch die schon neben- 
stehend näher dargelegte Thatsache, daß es sehr schwer ist, den richtigen Zeitpunkt 
für die notwendig auszuführenden Bauarbeiten zu wählen, und den ferneren Um- 
stand, daß man den zeitlichen Zwischenraum zwischen der periodischen Wiederkehr 
unangenehmer Ereignisse im Gedächtnis weit geringer zu bemessen pflegt, als er 
  
 
	        
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