Full text: Das Leuchtgas als Mittel zur Versorgung der Städte mit Licht, Kraft und Wärme (Band 4, 1. Heft)

  
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Aus 100 kg Paraffinöl gewinnt man 40—60 cbm Oelgas von 0,6—0,9 spez. 
Gewicht, dessen Leuchtkraft im Schnittbrenner von 301 stündlichem Konsum etwa 
10-12 Kerzen beträgt, also etwa 3—4mal so groß ist, wie diejenige des Stein- 
kohlenleuchtgases. 
Zur Destillation benutzt man gewöhnlich Oefen mit zwei übereinanderliegenden 
a förmigen Retorten, welche bis zur Kirschrotglut erhitzt werden. 
Die chemische Zusammensetzung des Oelgases ist nach Tieftrunk*): 
Elayl und Homologe . . . . . . 223,5 Volumteile 
Sumplaas. 22.0. 002.003 2008 
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$ 6. Holzgas. 
Das Holzgas war schon von Le Bon, Winzler u. a. dargestellt und benutzt 
worden. Es wurde 1850 durch Pettenkofer in München untersucht und seine 
Darstellung von demselben durch die Anwendung einer höheren Destillationstempera- 
tur, durch ein zweckmäßiges Reinigungsverfahren und durch die Auswahl passender 
Brenner lebensfähig gemacht. In Bayern und in anderen Ländern entstanden zahl- 
reiche Gasanstalten, welche ausschließlich Holz als Rohmaterial für die Gasfabrikation 
benutzten. Diese Gasanstalten sind alle früher oder später auf die Verwendung 
der Steinkohle übergegangen oder zu derselben zurückgekehrt. Die Stadt Reichen- 
hall in Bayern ist die einzige deutsche Stadt, welche auch jetzt noch durch Holzgas 
beleuchtet wird. Von den übrigen Gasanstalten in Bayern sind mehrere erst nach 
dem Jahre 1870 zum gewöhnlichen Steinkohlengase übergegangen, also zu einer 
Zeit, wo man ebensogut unter den vielen vorhandenen Methoden der Gasbereitung 
auch eine andere, modernere hätte auswählen können, als das von Murdocks und 
Cieggs Zeiten herstammende Verfahren der trockenen Destillation der Steinkohle. 
Aber auch schon in viel früherer Zeit, als die Eisenbahnen noch seltener und’ die 
Frachttarife noch höher waren, wurde die Darstellung des Holzgases an vielen 
Orten verlassen und durch die des gewöhnlichen Steinkohlengases ersetzt. Geschah 
dies seitens der Gasanstaltsbesitzer etwa nur, um an dem Schlafe teilzunehmen, in 
welchen sich, nach einer weitverbreiteten Meinung, die Steinkohlengasbeleuchtung 
gewiegt hatte? Oder haben sich vielmehr die Gasanstaltsbesitzer vorher aus- 
gerechnet, daß sie ihr großes Anlagekapital besser verzinsen und ein besseres 
Erträgnis herauswirtschaften, wenn sie die Anlage zur Fabrikation von Holzgas 
beseitigten und dafür eine andere erbauten, um das gewöhnliche Steinkohlengas zu 
fabrizieren ?! 
Allein es darf nicht unbeachtet bleiben, daß die Benutzung des Holzes als 
Rohstoff gegenüber der Steinkohle mancherlei Vorteile bietet. Die Gasausbeute für 
die Gewichtseinheit ist sehr reichlich; die Nebenprodukte, Holzkohle, Holzteer und 
Holzessig, sind gut verwertbar; Waldungen sind in allen Landesteilen vorhanden 
oder können angepflanzt werden. 
Die Steinkohlen dagegen werden nur in wenigen Gegenden gefunden, und ihr 
Transport war in früheren Zeiten noch viel kostspieliger als jetzt, wo derselbe 
durch billige Ausnahmetarife und ein dichtmaschiges Eisenbahnnetz begünstigt wird. 
Die Verwertung des Holzes ist für den Nationalwohlstand sehr wichtig. Es 
ist daher begreiflich, daß man in früheren Zeiten große Hoffnungen auf das Holzgas 
*) Tieftrunk, F. Die Gasbeleuchtung. Stuttgart 1874. S. 106.
	        
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