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Im Jahre 1880 trat in Deutschland besonders J. Quaglio mit einem ver-
besserten Verfahren nach Strongs Patent in Verbindung mit Lowes Verfahren
hervor*). Infolge der eifrigen Bemühungen Quaglios wurde eine Wassergas-
anlage zu Stockholm errichtet; auch legte die Firma Schulz, Knaudt & Co. in Essen
Wassergasöfen zum Betriebe von Feuerungen in ihren Eisenwerken an. Daselbst,
sowie auch auf anderen großen Eisenwerken ist der Wassergasbetrieb bis in die
neueste Zeit beibehalten und entwickelt worden.
In Amerika, wo große Massen von Petroleumnaphtha gewonnen werden, die
als äußerst billiges Karburationsmittel verwendbar sind, hat das Wassergas sich
etwa seit dem Jahre 1878 stark verbreitet, so daß 1893 etwa die Hälfte, wenn nicht
zwei Drittel der gesamten in den Gasanstalten der Vereinigten Staaten erzeugten
Gasmenge karburiertes Wassergas war*”), und dort fast eine jede größere Gasanstalt
eine Wassergasanlage zur Ergänzung der gewöhnlichen Steinkohlengasanstalt besitzt.
Der Grund für diese starke Verbreitung liegt keineswegs in einem Mangel
an guten, zur Gasfabrikation geeigneten Steinkohlen in Amerika, sondern darin, daß
1. ungeheure. Mengen von Erdölprodukten fast überall in den Vereinigten
Staaten äußerst billig zu haben sind;
2. daß man mit Wassergas und Petroleumölen leicht ein Gas von 25—32 Kerzen
Leuchtkraft erzeugen kann, während das gewöhnliche Leuchtgas 16 Kerzen nicht
übersteigt;
3. daß weniger Arbeiter nötig sind und große Anlagen leicht auf maschi-
nellem Wege bedient werden können ***).
In neuester Zeit, etwa seit 1893, hat karburiertes Wassergas auch in England
und Irland Eingang gefunden, seit man dort das zur Karburation erforderliche Oel
zu hinreichend billigen Preisen erlangt hat. Man benutzt das karburierte Wassergas
dort, um die Leistungsfähigkeit der bestehenden Gasanstalten zu ergänzen, indem man
a) ein Gas von höherer Leuchtkraft mit dem gewöhnlichen Steinkohlengase
mischt und
b) die täglichen Schwankungen in der Gasabgabe ausgleicht, welche dort be-
sonders des plötzlich eintretenden Nebels wegen sehr groß sind.
Zu dieser Verwendungsart gehört als Voraussetzung eine sehr große Gesamt-
gasabgabe; denn die Wassergasapparate liefern verhältnismäßig große Gasmengen
und sind in zu kleinen Größenverhältnissen unrentabel.
In Deutschland, wo die Gasabgabe sich innerhalb viel bescheidenerer Grenzen
bewegt, als in England, und. wo Petroleumöle durch langen Transport und erheb-
lichen Zoll verteuert werden, hat sich jene Verwendungsart noch keine Bahn brechen
können, trotzdem wiederholt Versuche dazu gemacht sind. Auch in England blickt
man in neuester Zeit mit Besorgnis auf die wieder steigenden Preise der zur Kar-
buration erforderlichen Oelsorten.
W. v. Oechelhäuser schreibt 1892 über das Wassergasf): „Der Wasser-
gasbetrieb ist technisch so gründlich durchgearbeitet, daß jeder strebsame deutsche
Gasfachmann diese interessante Fabrikation mit Freuden in die Hand nehmen und
weiter entwickeln würde. Es wäre äußerst einfach, durch tüchtige deutsche oder
amerikanische Unternehmer irgend einen der thatsächlich erprobten Wassergas-
apparate unter Garantie der Leistung aufbauen zu lassen und mit einer geringen
Arbeiterzahl auf kleiner Grundfläche karburiertes Wassergas zu erzeugen und dem
*) Quaglio, J. Woassergas als der Brennstoff der Zukunft. Strongs Patent zur Bereitung
von Heizgas in Verbindung mit Lowes Verfahren für Leuchtgas. Wiesbaden 1880.
**) Journ. f. Gasbel. 1894, S. 466.
**+*) Wbendas., S. 467.
f) Oechelhäuser, W. v. Die Steinkohlengasanstalten. 2. Aufl. 8. 6.