Full text: Das Leuchtgas als Mittel zur Versorgung der Städte mit Licht, Kraft und Wärme (Band 4, 1. Heft)

  
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Wassergases der Grund für seine in den letzten Jahren stattgehabte schnelle Ver- 
breitung wäre; ich fand vielmehr auch in den meisten Anstalten, die Wasser- und 
Steinkohlengas fabrizierten, dass die Kosten beider im Durchschnitt der Jahre — je 
nach den Kohlen- und Oelpreisen — ungefähr gleich waren. Und um noch ein 
schlagendes Beispiel hinzuzufügen, wie selbst in Amerika die Wahl zwischen Wasser- 
und Steinkohlengas ganz von lokalen Verhältnissen abhängt, so sei erwähnt, daß in 
Cleveland am Eriesee, wo eines der sogenannten Hauptquartiere des großen Petroleum- 
ringes, der Standard Oil-Comp. ist, wo also die Karburierungsmittel für Wassergas, 
welche die Rentabilität in erster Linie beeinflussen, sicher in Bezug auf Transport 
bis zur Verbrauchsstelle sehr billig sind, kein Kubikmeter Wassergas, sondern nur 
Steinkohlengas produziert wird, weil nämlich die Nebenprodukte des Steinkohlen- 
gases: Koke, Teer und Ammoniak, dort so gut im Preise stehen. Die Verkaufs- 
preise des Leuchtgases schwankten in Nordamerika diesseits des Felsengebirges ge- 
wöhnlich zwischen 14 und 24 Pfennig pro Kubikmeter, also ähnlich wie bei uns, 
sie waren aber noch vor wenigen Jahren ganz erheblich höher. Bezeichnend ist, 
dass gerade Cleveland, wo also zur Zeit kein Wassergas produziert wird, von 
den von uns besuchten Städten den billigsten Gaspreis hatte. Ein sehr erfreuliches 
Bild gewährte im übrigen die Beobachtung, wie ausgezeichnet sich Steinkohlen- 
und Wassergas in denselben Anstalten und Rohrsystemen vertragen, wie sie sich 
in beliebigen Verhältnissen mischen lassen, und wie gerade diese Mischungsverhält- 
nisse ganz besondere Vorzüge haben, nicht etwa nur für die Gaserzeugung, sondern 
auch für den Gasabsatz. Denn das Wassergas, allein für sich verbrannt, giebt eine 
kurze, sehr heisse Stichflamme, welche zum Beheizen von Kochgefäßen bekanntlich 
am wenigsten geeignet ist, während die auf den meisten Anstalten übliche Mischung 
von Steinkohlengas und Wassergas eine längere Flamme von etwas geringerer 
Temperatur giebt. Auch für die Verbrennung in Gasmotoren ist solche Mischung 
(das sogen. „commercial gas“) besser als reines Wassergas, welches zu rasch in der 
Maschine verbrennt und leicht zu Selbstentzündungen neigt. Schliesslich wird auch 
durch Mischung des Steinkohlengases mit Wassergas die Geruchlosigkeit des Wasser- 
gases auf einfachste Weise beseitigt.“ 
„Also, meine Herren, wir haben nicht die mindeste Veranlassung, uns vor 
dem Wassergas zu fürchten oder absprechend darüber zu sein, etc. etc.“ 
S 8. Naturgas. 
In den Vereinigten Staaten von Nordamerika sind seit dem Jahre 1880 zahl- 
reiche Quellen von Naturgas erbohrt worden. Das Gas strömt unter sehr starkem 
Drucke aus der Tiefe des Erdreiches empor und besteht hauptsächlich (93%) aus 
Methan (CH,). Dasselbe wird durch Rohrleitungen, welche bisweilen über 100 km 
lang sind, nach Städten geleitet und daselbst als Heizgas verwendet. Eine sehr 
anschauliche Beschreibung der Naturgasanlage bei Greentown im Staate Indiana 
giebt W. v. Oechelhäuser*), indem er darüber folgendes bemerkt: 
„Man muß mehrere Stunden mit der Bahn und dem Wagen fahren, um nach 
Greentown im Staate Indiana zu gelangen, wo neben der hübschen kleinen Villen- 
kolonie der Beamten — wie üblich aus einstöckigen Holzhäusern bestehend — die 
höchst interessanten Kompressionsanlagen der Indiana Natural Gas & Oil Co. liegen. 
Die Erfahrungen, welche man bisher mit dem schwankenden, allmählich abnehmenden 
Druck der Gasbrunnen auf anderen Gasfeldern gemacht hat, sind hier dahin benutzt, 
daß man eine großartige Kompressorenanlage unmittelbar an den Ausläufern der 
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