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schwachleuchtendes Gas in Konkurrenz mit dem gewöhnlichen Steinkohlengase zur
Geltung zu bringen.
$ 9. Gas aus Torf, Braunkohle ete.
Gas aus Torf, Braunkohle, Harz, Steinkohlenteer, Wollfett-
schlamm, Oelkuchen u. dgl. m. hat stets nur nebensächliche Bedeutung gehabt.
Am meisten Beachtung verdienen noch der Torf und die Braunkohle als Roh-
materialien für die Gasfabrikation, weil sie in manchen Gegenden sehr billig zu
haben sind und ein zwar minderwertiges, aber doch gut verwendbares Gas liefern
können. Die oftmals wiederholten Versuche, den Steinkohlenteer für die Vergasung
nutzbar zu machen, sind bisher durchweg ohne den erhofften Erfolg verlaufen.
Abfallprodukte, wie Wollfettschlamm, Träber u. dgl., werden mehr zu dem
Zwecke vergast, sich ihrer zu entledigen, als zum Zwecke der lukrativen Leucht-
gasgewinnung.
$ 10. Acetylengas.
Seit 1893 ist die Darstellung von Acetylen aus Caleiumkarbid in die Reihe
der Gasbereitungsarten eingetreten. Es ist noch in frischer Erinnerung, welches
Aufsehen die Darstellung von Caleiumkarbid durch den elektrischen Strom und die
dadurch ermöglichte industrielle Gewinnung des Acetylens im Jahre 1894 in der
ganzen zivilisierten Welt erregte. Der drohende Untergang der alten Gasindustrie
tauchte als Schreckensgespenst plötzlich auf ‚ um ebenso plötzlich zu verschwinden.
Das Acetylengas wird sich sein Anwendungsgebiet noch zu erwerben haben, und
es ist anzunehmen, daß es in Zukunft ersprießliche Verwendung finden wird*).
Das Acetylen (C,H,) ist ein farbloses Gas vom spezifischen Gewichte 0,91; es
riecht eigentümlich knoblauchartig. Bei 0° ©. und 21,5 Atmosphären wird es
flüssig. Die Dampfspannung des flüssigen Acetylens steigt mit der Temperatur sehr
schnell und beträgt bei 31° C. schon 103 Atmosphären. Das Acetylen ist giftig.
Gemische von 1 Volumteil Acetylen mit 1!’ Volumteilen Luft sind schon explosibel.
Beim Mischungsverhältnisse 1:12 ist die Explosionsfähigkeit am größten; bei 1:20
hört sie auf. Reines Acetylen explodirt ohne Beimischung von Luft, wenn man
darin Knallquecksilber durch einen elektrischen Funken zur Explosion bringt.
Berthelot und Vieille fanden, daß die Entzündungstemperatur eines Gemisches
von Acetylen und Luft schon bei etwa 480° C. liegt, und daß bei 5° Acetylen-
gehalt sprengstoffartige Explosionen eintreten**). —
In offenen Flammen, unter 30-40 mm Gasdruck, verbrennt reines Acetylen
unter Rußentwickelung. Nur in kleinen Flammen von ca. 30 1 stündlichem Gas-
verbrauch und unter 60-80 mm Gasdruck verbrennt es rußfrei und geruchlos.
Durch Beimischung von etwas Luft, etwa im Verhältnis von 2 Teilen Luft zu
3 Teilen Acetylen, wird rußfreie Verbrennung auch unter dem Gasdrucke von
30—40 mm Wassersäule erzielt.
Die Leuchtkraft einer Acetylengasflamme beträgt etwa
bei 351 stündlichem Gasverbrauch 45 Hefnerlicht
or a 5 143 5
Zur Aufbesserung der Leuchtkraft von gewöhnlichem Steinkohlen-Leuchtgas
ist Acetylen wohl verwendbar; indessen ist die Ausnutzung desselben dann nicht
*) Journ. f. Gasbel. 1895, 8. 81, 242, 273. — Journ. of gaslighting 1895, Jan., S. 120 u. a.
s Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1896, $. 1348.