Q
wickelungszeit der Gasbeleuchtung wiederholt Versuche gemacht, das gewöhnliche
Leuchtgas in mehr oder minder stark komprimiertem Zustande nach entlegenen Kon-
sumstellen zu transportieren, z. B. in Hanau im Jahre 1848. Gordon komprimierte
schon im Jahre 1823 das Gas bis zu 25 Atmosphären, Charles Ogilvy später auf
30 Atmosphären*). Die Versuche scheiterten an den zu hohen Kosten des Kom-
primierens und Transportierens. Zur Versorgung von Städten und Ortschaften mit
Leuchtgas hat das System des Portativgases sich nicht als geeignet erwiesen. Da-
gegen hat es bedeutende Erfolge bei der Beleuchtung von Eisenbahnwagen, Bojen und
Leuchtfeuern nach dem Systeme von Jul. Pintsch aufzuweisen. Schon im Jahre 1858
wurde in Amerika komprimiertes Leuchtgas benutzt, um einen Eisenbahnzug auf der
Fahrt von New-York nach Philadelphia zu beleuchten. Im „Journal für Gasbeleuchtung
und Wasserversorgung“ 1861 (8. 362) befindet sich eine mit Abbildungen versehene
Beschreibung der betreffenden Anlage. Man komprimierte das Gas bis auf 28 Atmo-
sphären; eine Rezipientenfüllung reichte etwa für 4 Stunden aus. Jul. Pintsch in
Berlin bildete vom Jahre 1867 an ein System aus, wonach jeder Eisenbahnwagen
ein oder mehrere Gefässe mit sich führt, worin sich Gas befindet, welches man auf
8—10 Atmosphären komprimiert hat. Der hohe Druck des Gases wird durch einen
Regulator soweit abgeschwächt, daß die Flammen wie gewöhnliche Gasflammen brennen.
Die Füllung der Rezipienten geschieht entweder auf den Endstationen der betreffen-
den Eisenbahn, woselbst sich dann eine kleine Gasanstalt befindet, oder aber auf
beliebigen Stationen von Zisternenwagen aus, welche man auf einer Hauptstation
mit komprimiertem Gase gefüllt hat und welche man dahin befördert, wo man die
Gasrezipienten der einzelnen Personenwagen neu zu füllen wünscht. Die Anzahl der
nach Pintschschem Systeme mit Gas beleuchteten Eisenbahnwagen und Lokomotiven
in allen zivilisierten Ländern wurde vor einiger Zeit zu 60000 angegeben. In der
Regel wird nicht gewöhnliches Steinkohlen-Leuchtgas, sondern Oelgas benutzt.
Bemerkenswert ist, daß die Explosionsgefahr bei einem mit komprimiertem
Gase gefüllten Behälter minimal ist. Wenn ein derartiger Behälter durch äußere
Gewalt leck wird, so strömt das Gas mit solcher Heftigkeit aus, daß es Feuer aus-
löscht, anstatt sich zu entzünden. Dies wurde in einem konkreten Falle durch
eine amtliche Untersuchung überzeugend nachgewiesen, als in der Tagespresse all-
gemein behauptet wurde, beim Eisenbahnunglück in Wannsee bei Berlin seien die
Trümmer durch eine Gasexplosion in Brand gesetzt worden. Die amtliche Unter-
suchung ergab, daß die Feuergarbe, welche notorisch vorhanden gewesen war, von
einer im Packwagen befindlich gewesenen Häckselfüllung herrührte, und daß der in
Frage kommende Gasrezipient nur eine so unbedeutende Oeffnung hatte, daß alle
Versuche, später künstlich durch das aus dieser Oeffnung entweichende komprimierte
Gas eine Explosion oder ein Feuer hervorzurufen, scheiterten. Vielmehr wurde ein
durch Hobelspäne genährtes intensives Feuer durch den Gasstrom ausgelöscht**).
In neuester Zeit findet das aus dem städtischen Gasrohrnetze entnommene Gas
im komprimierten Zustande eine sehr zweckmäßige Verwendung zum Betriebe von
Straßenbahnwagen. In Dresden wurde im Jahre 1893 ein Gasmotorwagen nach
Lührigs Patent versuchsweise in Betrieb genommen. Im November 1894 eröffnete
man in Dessau die erste Gasbahn, auf welcher ausschließlich Leuchtgas zum Betriebe
der Straßenbahnwagen benutzt wird”), Auch zum Betriebe von Flussschiffen wird
‚komprimiertes Gas mit vorzüglichem Erfolge benutzt (vgl. den Paragraphen über
Verteilung der @asmotoren nach Gewerben).
N
*) Blochmann, as sd O;; S. 20.
“*) Glasers. Annalen f. Gwb. u. Bauwesen 1894, 8. 5.
*) Journ. f. Gasbel. 1894, S. 690. — Gostkowski, Die Gasbahn.