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gelangt ist. Muß sich das Wasser dagegen in einzelnen verzweigten Spalten auf Umwegen
langsam nach oben drängen, so gibt es einen Teil seiner in der Tiefe angenommenen Wärme
wieder an die oberen Bodenschichten ab und erscheint an der Erdoberfläche mit einer
niedrigeren als der ihn eigentlich zukommenden Temperatur. Man kann daher aus der
Austrittstemperatur eines Wassers nur in jenen seltenen Fällen auf seine größte erreichte
Tiefe schließen, wenn man genau weiß, daß es auf kürzestem raschestem Wege aus der
Tiefe emporkommt.
Nach all dem Vorhergehenden ist es also ein Irrtum zu behaupten, daß die Tempe-
ratur des Grundwassers mit der mittleren Lufttemperatur an einer Quelle zusammenfalle;
das Jahresmittel der "Temperaturbeobachtungen des Wassers an einer Quelle und das
Jahresmittel der daselbst stattfindenden Lufttemperatur ist im Gegenteil selten die
gleiche Zahl. Auch ist nicht stets ein Zusammengehen beider Faktoren vorhanden,
indem der mittlere Wert der Grundwassertemperatur während eines kalten Jahres manch-
mal höher ist, als in einem warmen Jahre, und umgekehrt. Zur Ermittlung von ein-
fachen und allgemein gültigen Regeln kann man überhaupt bei der Mannigfaltigkeit
der einwirkenden Faktoren nicht gelangen; es kann nur behauptet werden:
1. Erheblich höhere Mitteltemperaturen des Grund-
wassers einer Quelle gegen die daselbst herrschende mitt-
lere Jahrestemperatur sind ein Anzeichen dafür, daß der
unterirdische Weg das Grundwasser auf längerem Wege
zunächstin größere Tiefenals 30 Meter undsodannerstvon
diesen aus wieder zur Quelle geführt hat.
2, Große Schwankungen in der Temperatur des Grund-
wassers weisen auf eine geringe Tiefe des Eindringens der
Infiltrationen oder auf ein rasches Durchfließen der Zwi-
schenräume des Gebirgeshin, während geringe Schwankun-
gen annehmen lassen, daß sich das Grundwasser bereits
längere Zeit in einer Tiefe aufgehalten hat, in welcher die
Einwirkungen desKlimas nicht mehr von Bedeutung sind.
3 In Rücksicht auf alle die Temperatur.des Grund.
wagsers zusammensetzenden Faktoren.und die ununterr
brochene Änderung in der Beschaffenheit der Mehrzahl
der letzteren kann eine absolut konstante Temperatur des
Wasserseiner Quelleüberhauptnicht zustande kommen.
Veränderungen in der Temperatur. In bezug auf Beständigkeit der
Temperatur stehen neben den Quellen konstante Ergiebigkeit die Grundwässer, wie sie
in den Alluvionen der Flußniederungen vorkommen, und solange sie von dem Flußwasser
selbst nicht beeinflußt werden, in erster Reihe. Dies ist um so mehr der Fall, je gleich-
mäßiger und feinkörniger der Grundwasserträger ist und je weniger nicht kapillare Räume
in demselben vorhanden sind. Sehen wir zunächst ab von jenen Grundwassern, welche
von den höher gelegenen Gebirgen kommen und bereits mit Quellentemperatur in den
Grundwasserstrom eintreten, und betrachten die Infiltrationen von der Bodenoberfläche
bis zum Grundwasserspiegel. Dieselben werden im Winter und Frühjahr kalt, im Sommer
dagegen in der Regel warm sein. Über dem Grundwasser befindet sich stets eine gesättigte
Wasserdampfatmosphäre gleicher Temperatur. Sinken die kalten Wasser durch die engen
Wege des Bodenfilters ein, so treffen sie mit dieser Wasserdampfatmosphäre zusammen,
es findet ein Rückgang der Temperatur und damit Kondensation statt. Die bei dieser
Kondensation frei gewordene Wärme nimmt das einsinkende Wasser auf und gelangt