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auch bei frischen Feinfiltern in der Enteisenungstechnik durch Zusatz von etwas Eisen-
vitriol am schnellsten eine Filterschmutzhaut erzielen.
Wir haben in Abschnitt I, Seite 23 auf die Versuche von Tillmans und
Heublein hingewiesen!), wonach zu einer bestimmten Menge im Wasser gelösten
Kalzium-Bikarbonates eine bestimmte Menge freier Kohlensäure gehört, ohne welche
das Bikarbonat nicht bestehen kann, sondern sich spaltet und wiederum freie Kohlen-
säure und einfach kohlensauren Kalk bildet. Die abgespaltete freie Kohlensäure,
deren Menge dem Gleichgewichtsverhältnis von Bikarbonat zu freier Kohlensäure
entspricht, kann dann natürlich nicht auf kohlensauren Kalk angreifend wirken.
Hieraus ergibt sich, was schon früher bekannt war, daß weiche Wässer mit freier
Kohlensäure ganz besonders angreifend wirken, während harte Wasser auch größere
Mengen freier Kohlensäure enthalten können, ohne daß Kalk usw. angegriffen wird.
Der Wert der aggressiven freien Kohlensäure läßt sich aus dem Wert der ermittelten
gebundenen berechnen, oder aus der dem Aufsatz beigegebenen Kurve oder Tabelle
bestimmen.
Ihre Werte zeigen für die praktische Enteisenung und Entsäuerung, daß man
nicht die gesamte freie Kohlensäure, sondern nur die zur Erhaltung des Bikarbonats
nieht notwendige und daher aggressive beseitigen darf, da sonst Trübungen des
Wassers durch ausfallendes Monokarbonat und Wiederaufnahme von Eisen durch
das Wasser stattfindet. Die Projektierung einer Enteisenungsanlage setzt also eine
genaue chemische Untersuchung des Wassers voraus.
Wenn es sich aber um die Entscheidung darüber handelt, in welcher speziellen
Weise ein Wasser enteisenet werden soll, so darf man nicht von der Wasserbe-
schaffenheit ausgehen, wie man sie in der Fassung antrifft, sondern muß diejenige
zugrunde legen, mit welcher das Wasser in der Enteisenungsanlage ankommen wird.
Das hat schon A. Thiem bei der ersten Leipziger Anlage erkannt, als er sich sagte,
daß infolge der langen Stollenzuleitung mit freiem Wasserspiegel bei Ankunft des
Wassers auf der Anlage die Eisenausscheidung bereits vollendet sein würde. Auch
die Hebungsart des Wassers ist von Einfluß: Kolben- und Plungerpumpen schlagen
das Wasser nicht so sehr als Zentrifugalpumpen, es nimmt also dort weniger Luft
auf. Andererseits findet eine stärkere Luftausscheidung aus dem Wasser bei hohen
Saugspannungen statt. Diese Wirkung kann sich auch zwischen der Hebungs- und
der Enteisenungsanlage noch fortsetzen. All diese Umstände sind bei Wahl der Ent-
eisenungsanlage wohl zu beachten.
Eine Zusammenstellung der verschiedenen Enteisenungsverfahren hat Schwers
gegeben (z. B. mitgeteilt in Tillmanns, Wasserreinigung 1912, Seite 30). Wir vermögen
ihr jedoch nicht zufolgen, da sie Verfahren enthält, diemitdem Enteisenungsvorgang an
sich nichts zu tun haben. Wir erwähnen statt der von Schwers mitgeteilten 25 Systeme
die folgenden:
1. Die Östensche Regenvorrichtung mit Kiesfilter.
2. Den Piefkeschen Riesler mit Filter.
Alle andern offenen Anlagen lassen sich auf diese beiden Systeme zurückführen,
z. B. die Verwendung von Kaskaden zur Belüftung.
Bei geschlossenen Anlagen unterscheiden wir mit Rosenboom:
a) ganz geschlossenes Verfahren mit Druckluft,
1) Tillmans und Heublein: ‚Über die kohlensauren Kalk angreifende Kohlensäure
der natürlichen Wässer“. Gesundheits-Ingenieur, 1912, 34. S. 669.