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3. Wird physikalisch unreines Wasser, das viel Chlor braucht, gereinigt, oder wird
gereinigtes Wasser warm getrunken, so zeigt sich oft ein unangenehmer Geschmack.
Derselbe läßt sich jedoch durch Natriumthiosulfat meist genügend beseitigen.
3. Der Nachweis genügender Reinigung eines Wassers kann nicht direkt und augen-
blicklich, sondern nachträglich auf bakteriellem Wege geführt werden.
4. Trübungen, Färbungen, moderiger Geschmack und Geruch sowie organische
Substanzen im Wasser werden nicht beseitigt. Die in feste suspendierte Partikel ein-
geschlossenen Bakterien bleiben (wie beim Ozon und andern Verfahren) unbeeinflußt
(Grimm).
5. Es ist schwer eine gleichartige Kalkmilch ohne Bodensatz herzustellen. Dieser
darf unter keinen Umständen ins Wasser gelangen.
Aus vorstehendem ergibt sich auch, wann und wie das Verfahren anzuwenden ist.
In der Zeitschrift „Wasser und Gas“ 1913, 8. 133, äußert sich Grimm hierzu
wie folgt:
„Gleichwohl aber ermutigen die bisherigen Erfolge zur Verwendung dieses Ver-
fahrens in Ausnahmefällen, sofern andere Methoden nicht angewandt werden können
oder zurzeit nicht ausreichen. Besonders sei dabei an die Betriebswasserleitung großer
Fabriken gedacht, die Flußwasser benutzen müssen. Warnungen vor dem Genuß des
Wassers pflegen dort meist nicht sicher zu wirken. Hier könnten dann die Chlorkalk-
mengen auch wohl beträchtlich höher genommen werden, da ein unangenehmer Geschmack
in solchen Fällen direkt erwünscht sein dürfte. Allerdings darf der Zusatz nicht zu stark
sein, daß Maschinenteile geschädigt werden können.
Wird das Chlorkalkverfahren aber angewandt so ist eine gute ständige Kontrolle,
vor allem eine bakteriologische nötig, die sich aber in diesem Falle nicht auf die übliche
Plattenmethode beschränken darf, denn durch diese Methode würden natürlich alle
Bakterien, deren Wachstum durch Chlorkalk nur gehemmt ist, die aber gleichwohl eine
Infektion herbeiführen können, verborgen bleiben. Besonders wird dies der Fall sein,
wo kein Natriumthiosulfat oder ein ähnliches Mittel als Geschmackskorrigent zugefügt
worden ist.“
Nachtigall und Schwarz „empfehlen bei den im Deutschen Reich im allgemeinen
vorliegenden Verhältnissen die Chlorkalkbehandlung nur als Vorbehandlung bei Trink-
wasserversorgungen zu benutzen, insbesondere bei nachfolgender Filtration. Nachbehand-
lung des Filtrates oder Alleinbehandlung des Trinkwassers durch Chlorkalk dürfte zu
Epidemiezeiten als prophylaktische Maßnahme in Frage kommen. Bei dauernder An-
wendung dieses Chlorverfahrens wäre zu erwägen, ob es nicht wirtschaftlich und hygienisch
vorteilhafter ist, das Chlor an Ort und Stelle elektrolytisch herzustellen“.
Das Verfahren ist also nach seinem heutigen Stand verwendbar:
1. Zunächst in Zeiten der Wasserklemme, von Epidemien oder wenn man mit
andern Anlagen Schwierigkeiten bekommt (Filterbetrieb bei trübem Hochwasser,
Schneeschmelze), somit als vorübergehende Maßnahme.
2. In der Regel kombiniert mit andern Verfahren, es sei denn, daß man es mit einem
physikalisch reinen oder einem wenig organische und gelöste Stoffe enthaltenden Wasser
zu tun hat.
3. Wenn das Wasser Zeit genug zur Wiederabgabe des freien Chlors hat. Weiches
Wasser müßte vor der Behandlung vorgehärtet werden (Marmorrieselung).
Bezüglich der Art der Verwendung ist zu verfahren: Automatische richtige
bezw. gleichmäßige Beschickung und automatische Anzeige von Betriebsstörungen ;