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Abhaltung von Chlorkalkkrümel vom Rohwasser, genügender Zeitraum zwischen Be-
handlung und Genuß des Wassers, dauernde Beaufsichtigung der Anlage, Schutz der
Arbeiter vor den Chlorkalkdämpfen durch Absaugen derselben.
Die Frage der Wasserreinigung mittels Kalziumhypochlorits wurde auf dem 15. In-
ternationalen Kongreß für Hygiene und Demographie in Washington 1912 eingehend
behandelt. Nach der Zeitschrift Wasser und Gas 1912, Seite 113, bewies E. E. Bartow
(Urbana) an 2 Beipsielen die Wirksamkeit der Wasserreinigung mit Kalziumhypochlorit.
Auch Dienert-Paris sprach sich dahin aus, daß die Sterilisation mit Kalziumhypo-
chlorit heute rationell sei.
8. Chlorperoxyd. Außer Chlorkalk bezw. Kalziumhypochlorit findet nach Thumm
und Schiele in Belgien das Chlorperoxyd (ClO,) nach dem Verfahren von Berge
Anwendung. Es wird erhalten durch Versetzung von Kaliumchlorat mit konzentrierter
Schwefelsäure, die Aufbewahrung erfolgt in Bleireservoiren, von wo aus dem zu stenili-
sierenden Wasser so viel zugesetzt wird, daß nach erfolgter Einwirkung stets noch ein
kleiner Überschuß des Mittels durch Jodstärke nachgewiesen werden kann. Als Nach-
teil des Verfahrens wird angegeben die hohe Giftigkeit des Gases und seine große Gefähr-
lichkeit bei der Herstellung und Handhabung; ferner die nicht konstante Zusammen-
setzung und die Schwierigkeit der genauen Dosierung, der starke Angriff auf Metalle,
z. B. Blei, so daß jedenfalls das Wasser in chemischer Hinsicht nicht gereinigt würde.
(Mitteilungen der Kgl. Landesanstalt für Wasserhygiene, Heft 8.)
9. Entkeimung durch Ätzkalk. In neuerer Zeit sind auch Bestrebungen im Gange,
Wasser durch Kalkzusatz zu sterilisieren. Ein Referat über eine derartige Arbeit findet
sich ım Gesundheitsingenieur 1914, 8. 49. Danach wurde in London gefunden, daß ein
Zusatz von einem Teil Ätzkalk zu 5000 Teilen Themsewasser Colibakterien nach 5—24
Stunden völlig abtötete. Hoover und Scott von den Columbus-Wasserwerken in Amerika
sind zu dem Resultat gekommen, daß Coli- und Typhusbakterien in Abwesenheit
halbgebundener und freier Kohlensäure im Wasser zugrunde gehen. Wasserproben
von 3000 Colikeimen im cbm enthielten bei Zusatz von 100 Gramm Kalk pro cbm Wasser
nach 5 Stunden noch 10, nach 24 Stunden nur 2 Colibakterien im ebm.
Das würde also bedeuten, daß es nicht nötig ist, dem Wasser Kalk im Überschuß
zuzusetzen. Haller hat hierüber im Städtischen Tiefbau 1913, S. 299, berichtet. Als
wichtigste Ergebnisse erhielt Hoover die folgenden: „‚Darmbakterien können in Wasser,
das keimfreie oder halbgebundene Kohlensäure enthält, nicht weiterleben‘ und ‚Wasser,
welches mittels Kalk enthärtet worden ist, und durch Typhusbazillen oder Rohabwasser
infiziert wurde, wird bald wieder frei von pathogenen Bakterien.“
Eine Nachprüfung dieser Aufsehen erregenden Ergebnisse steht noch aus, vgl.
Journ. f. Gasbel. und Wasservers. 1913, 8. 958. Jedenfalls spielt die Wassertemperatur
eine wesentliche Rolle.
$ 113. Entsäurung des Wassers.
Wir haben schon im Bd. I, 8. 22 über die angreifenden Wirkungen des freien Sauer-
stoffs und der freien Kohlensäure auf Metalle und Mörtelmaterialien gesprochen.!) Die
dort erwähnten Frankfurter Versuche zeigten, daß die Angriffe um so intensiver sind,
!) Vgl. Wehner: Die Sauerkeit der Gebrauchswässer als Ursache der Rostlust, Bleilösung
und Mörtelzerstörung und die Vakuumrieselung. Frankfurt a. M. 1904.