Full text: Verbesserung der Wasserbeschaffenheit. Hebung des Wassers. Aufbewahrung des Wassers. Leitung und Verteilung des Wassers. Literaturverzeichnis (2,b)

4. Erfolge der Sandfiltration. Schon Fränkel und Piefke hatten nachgewiesen, 
daß pathogene Bakterien die filtrierende Sandschicht reifer Filter zu passieren vermögen. 
Neuerdings stellen Kolkwitz und Thiesing !) fest, daß sich bei Filtern ein Teil der Roh- 
wasserkeime auch im Reinwasser wieder findet. ‚Und wenn auch dabei die harmloseren 
Arten weitaus überwiegen, so bietet doch das Sandfilter keine absolute Sicherheit gegen 
das gelegentliche Passieren von evtl. vorhandenen pathogenen Keimen.‘ Dieselben Ver- 
fasser fanden in der Reinwasserkammer der Sandfilter von Remscheid vereinzelte Plank- 
tonorganismen, welche also das Sandfilter passiert haben mußten. Dieselbe Beobachtung 
wurde an einem andern gut geleiteten Oberflächenwasserwerk gemacht. Kolkwitz und 
Thiesing kommen zu dem Resultat, „daß tatsächlich verschiedene Organismen, welche 
größer sind als Bakterien, in den Sand der Filter ein- und durch dessen Poren — freilich 
in geringer Menge und wohl in langsamem Tempo — durchdringen.“ 
Trotzdem zeigt die Erfahrung, daß man mit einer gut geleiteten Sand£ilteranlage 
hygienisch durchaus befriedigende Ergebnisse zu erzielen vermag. Wir wollen aber nicht 
verschweigen, daß diese Ergebnisse vielfach, namentlich wenn es sich um den Vergleich 
mit anderen neueren Reinigungsmetkoden handelt, etwas zu sehr in den Himmel erhoben 
werden. Das geht wohl schon daraus hervor, daß man wie bereits mehrfach erwähnt 
die Leistung eines Filters noch für genügend hält, wenn sich im Reinwasser nicht mehr 
als 100 lebensfähige Keime finden.?) Bei dem notwendigen Fehler, den Keimbestimmungen 
aufweisen können, ist das ein Effekt, der vom Ozonverfahren weit überschritten und von 
manchen chemischen Verfahren bei geeigneter Anwendung und Nachbehandlung in der 
Regel wohl ohne erhöhte Kosten ebenfalls erreicht wird. Wir werden aber mit diesem 
Resultat vollauf zufrieden sein können, wenn wir uns von der etwas übertriebenen 
früheren „Bazillen“furcht auf Grund der neueren Anschauungen frei zu halten ver- 
mögen.”) 
Eines der glänzendsten Beispiele für den Vorzug gut geleiteter Filtrationsanlagen 
stellt auch heute noch das Verhalten der Altonaer Filteranlage während der Cholera- 
epidemie in Hamburg vom Jahre 1892 dar. Beide Städte bezogen ihr Wasser aus der 
Elbe; Hamburg ohne, Altona mit Filtration. In Hamburg starben von je 100000 Ein- 
wohnern 1250, in Altona nur 250 Menschen von der gleichen Zahl. Dabei hatten sich natur- 
gemäß insbesondere in den Grenzbezirken zwischen beiden Städten viele Altonaer in 
Hamburg infiziert. Dies war zweifellos ein großer Erfolg der Filtration. Allein in dem- 
selben Jahre zeigte sich auch ein Nachteil der Sandfilter: während die Epidemie in Ham- 
burg abnahm, flammte sie in Altona auf: Die Keimzahl im Altonaer Wasser war von 
50 auf 1000 gestiegen und es ließ sich feststellen, daß die Filterschichten namentlich 
die „Haut“ durch die Kälte in ihrer Wirkung beeinträchtigt worden waren. 
Man kann für jedes einzelne Filter bezw. jede Untersuchung desselben eine Be- 
ziehung zwischen dem Bakteriengehalt des Rohwassers und demjenigen des Reinwassers 
aufstellen und hat versucht dieser Beziehung allgemeine Geltung zu verschaffen, indem 
man beispielsweise angab, die Reduktionszahl sei Y/;ooo oder sie dürfe höchstens 4, bis 
1% betragen. Hiergegen hat sich Flügge gewandt, indem er ausführt, daß Wasserwerke 
mit verhältnismäßig keimarmem Rohwasser auf diese Weise zu einem sehr ungünstigen 
t) Mitt. d. Kgl. Landesanstalt für Wasserhygiene Heft 5, 8. 141. 
?2) Am 13. Januar 1399 wurde den Bundesregierungen mitgeteilt: „Ein befriedigendes 
Filtrat soll beim Verlassen des Filters in der Regel nicht mehr als 100 Keime im cem ent- 
halten.“ 
®) Für die Wartung der Sandfilter geben in Deutschland die behördlichen ‚„Grund- 
sätze für die Reinigung von Oberflächenwasser durch Sandfilter die nötigen Anweisungen. 
Sie sind unter anderem abgedruckt im Techn. Gemeindeblatt Bd. I, S. 377. 
 
	        
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