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drie, kaum prognath, mit grofsen Zahnlöchern. Gaumen breit, Zahncurve
hufeisenförmig.
Diese Mittheilungen können bei der geringen Zahl der zur Unter-
suchung gelangten Schädel keine andere Bedeutung haben, als dafs sie
einerseits den Nachweis von dem Vorkommen chamaecephaler Formen
tief im Innern des Landes liefern, andererseits an diesen Schädeln
wichtige Abänderungen der übrigen Merkmale lehren, wie wir sie bei den
nördlicheren Stämmen nicht fanden. Möglicherweise ist darın der fort-
schreitende Mischungsprocefs mit anderen Stämmen angedeutet. Nament-
lich der Schädel von Hameln kann recht wohl als ein solches Mischungs-
produkt angesehen werden. Weitere Untersuchungen mögen darüber ent-
scheiden.
Leider ist die Zahl der bekannten Schädel aus Gräberfunden der
Provinz Hannover sehr klein. Aufser dem schon erw ähnten Reihengräber-
felde von Rosdorf bei Göttingen (8. 51) ist noch ein anderes von Bohl-
sen bei Uelzen zu erwähnen, über welches ich!) früher berichtet habe.
Wie es scheint, stimmen beide in Hauptstücken, wenigstens was den
Schädelbau der Bestatteten betrifft, mit einander überein. Es sind doli-
chocephale Formen mit mäfsiger Höhe der Schädel, welche weder den
westfälischen, noch den friesischen gleichen. Höhen-Indices unter 70 sind
weder in Rosdorf, noch in Bohlsen beobachtet worden. Ihr Typus gleicht
viel mehr demjenigen der fränkischen Reihengräbeı
Möglicherweise macht in dieser Richtung die Weser eine Grenz-
linie aus. Ankum, welches bis jetzt der südöstlichste Punkt ist, bis wohin
wir die friesische Form verfolgen können, liest zwischen Weser und Ems,
stidlieh nieht weit von Frisoithe und westlich ziemlich nahe an der Graf-
schaft Diepholz, bis wohin historische Nachrichten friesische Ansiedelun-
gen verlegen (8. 25).
In anderen Richtungen mögen sich, im Anschlusse an die Coloni-
sationsbewegung des 12. Jahrhunderts, ungleich weiter reichende Bezie-
1) Verhandlungen der Berliner anthropologischen Gesellschaft. 1874. 8. 32.
Zeitschrift für Ethnologie Bd. 6. Man vergleiche auch J. H. Müller in der Zeitschrift
des historischen Vereins für Niedersachsen. Hann. Jahrg. 1873. 8. 331.