324 Vırcnow: Beiträge zur physischen Anthropologie
Krümmung ihrer früher gesunden Beine gezeigt hatte und deren Skelet in
allen seinen Theilen die Charaktere dieser Krankheit darbietet. Die Fettde-
generation der Knochen, welche die Herren Berg und Retzius als Ur-
sache der Impression bei dem 32jährigen Manne angaben, ist im Grunde
auch nichts anderes, als eine Form der Osteomalaecie. Ich selbst habe
niemals etwas Aehnliches gesehen !), obwohl mır namentlich in Würzburg
Osteomalacie bei Männern und bei Frauen wiederholt vorgekommen ist.
Dasselbe gilt von der Rachitis, welche ganz besonders häufig angeklagt
worden ist. Es war. Ackermann?), der .bei Gelegenheit seiner For-
schungen über den Cretinismus zuerst diese Frage aufwarf. Kurz vorher
hatte Malacarne?), auf Veranlassung des Philanthropen Bonnet, ver-
sucht, die Anatomie der Uretinen zu studiren, und es war ihm gelungen,
die Körper von 3 solchen Kranken aus dem Augster Thal zu erlangen.
Er hatte daran die veränderte Stellung des Grundbeins und des Hinter-
hauptsloches erkannt. Zwei dieser Schädel gelangten nach Pavia an
Frank und kamen durch diesen zur Kenntnils A ekermann’s, der von
einem derselben eine recht gelungene Abbildung geliefert hat. Sowohl diese
Abbildung, als die eingehende Beschreibung #) lassen keinen Zweifel darüber,
dafs diese Schädel einen höheren Grad basılarer Impression dargeboten
haben. „Der Grundfortsatz des Hinterhauptsbeins“, sagt Ackermann, „liest
ganz horizontal und der Körper des Keilbeins mit dem genannten ganzen
Fortsatze in einer wagerechten Linie.“ „Das grofse Loch des Hinter-
hauptes, anstatt dals es sich mehr nach der Horizontalen neigen und nur
in etwas schief in die Höhe vorwärts steigen sollte, liegt in einer verti-
kalen, mit der Zentrallinie des Körpers parallelen Lage.“ „Auf der äulseren
unteren Fläche des Schädels entsteht eine sehr beträchtliche Vertiefung,
welche nach vorn zu von den am hinteren Theil des Oberkiefers herunter-
steigenden Keilbeinfortsätzen, nach hinten aber von dem steil nach oben
sich drehenden Hinterhauptsbein gebildet wird. Den oberen Grund dieser
1) Virchow, Gesammelte Abhandlungen S. 972.
2) J. F. Ackermann, Ueber die Cretinen, eine besondere Menschenart in den
Alpen. Gotha 1790. S. 54.
3) Fodere, Essai sur le goitre et le eretinisme. Turin 1792. p. 104. Die hier
gegebene Beschreibung ist fast ganz unverständlich.
4) Ackermann a.a. O. S. 35.