Full text: Die Mundarten Württembergs

  
  
  
bezeichnen ist, aber daneben mancherlei schwäbische Sprachfor- 
men aufweist. Diesen nenne ich „Vorfränkisch“ im Gegen- 
satz zum „Vollfränkischen®., Ebenso weist das Schwä- 
bische an seinem Südwestende einen schmalen Streifen auf, 
der in einigen Sonderfällen schon den niederalemannischen Ord- 
nungen folgt. Diesen nenne ich „Voralemannisch“, 
Unter den Merkmalen, nach welchen man die Mundarten 
und deren Teile scheidet, gilt heute als das wichtigste die Aus- 
sprache der Laute, sofern diese die Elemente sind, aus welchen 
sich alle Sprachgebilde zusammensetzen. Doch berücksichtigt man 
daneben in besonderen Fällen auch Erscheinungen der Wort- 
beugung-und selbst Unterschiede des Wortgebrauch®. Aus 
dem gleichen Grunde hat die Kennzeichnung einer Mundart die 
Laute derselben besonders stark zu beachten, 
Die Wissenschaft vermag indes wohl zu erkennen, dass es noch tiefer- 
gehende und wirkungsvollere Sprachunterschiede gibt als die der Laut- 
behandlung, nämlich bestimmte Grundverhältnisse bei der Handhabung 
der Sprachorgane, Arten der Betonung und des Sprachrhythmus, der 
Silbenbildung und der Silbenabstufung. Doch sind diese noch nicht in 
solchem Masse erforscht, dass es möglich wäre, sie zusammenfassenden 
Beschreibungen zugrunde zu legen. 
Demnach erfolgt auch die Scheidung der Hauptmund- 
arten des Landes gegeneinander sowie die der Untermundarten 
in ihre mancherlei Teile zuvorderst nach der Aussprache be- 
stimmter Laute. Man vollzieht zunächst die Abgrenzung des 
Schwäbischen gegen das Fränkische nach der Aus- 
sprache des altdeutschen Zwielautes e, wie er vorliegt in 
„breit, eigen, Seil“, mit schwäbischem oa, 02 (broat, broit) gegen 
fränkisches ai, & (brait, brät), weiter die Abgrenzung des 
Schwäbischen gegen das Niederalemannische, wie 
schon oben berührt, nach der Aussprache der altdeutschen langen 
Selbstlaute 7, %, die in der Schriftsprache als ei, au erscheinen 
z. B. in mhd. is, z21, hs, Iüt, schriftdeutschem Eis, Zeit, Haus, 
laut, mit schwäbischem es, ou (eis, hous) und niederalemanni- 
schem © & (is, hüs), endlich die Abgrenzung des Vollfrän- 
 
	        
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