Full text: Die weiße Frau

et 
je 
g“ 
17 
eS 
et. 
D Geiſterhafte und Unerklärliche hat ſtets einen eigenen Reiz ent- 
faltet. Die Menſchen ſind es nicht müde geworden, ſich die unlösbare 
Náätſel und Geheimniſſe bergenden Erzählungen und Sagen ¿uzuraunen, 
wie ſie ſeit alten Zeiten überliefert ſind. Bauern, Fiſcher, Waldarbeiter 
fommen in den Stunden winterlicher Dämmerung und in den abendlichen 
„Spinnſtuben“ immer wieder darauf zurü>; nicht minder lieben bürger- 
liche und adlige Geſellſchaften, auh ohne beſonderen Anlaß, dieſe grauſig- 
{önen Geſchichten aus dem Reiche der Geiſter. Aber von allen Sagen, 
die jemals erzählt wurden, gibt es wohl feine, die ein fo allgemeines 
Intereſſe für die ganze Welt erregt hätte, eine fo große Bedeutung in Anz 
ſpruch nähme, wie die von der Weißen Frau. Die Teilnahme an dieſer 
Sage iſ in der Tat allgemein. 
Die Sage von der Weißen Frau wird, wie vor Jahrhunderten, fo noch 
heute im Volke erzählt und geglaubt. Aber auch die Gelehrten, Dichter 
und Romanſchriftſteller haben im Laufe der Jahrhunderte eine gewaltige 
Zahl gelehrter und ungelehrter Abhandlungen, wertvoller und wertloſer 
dichteriſcher Geſtaltungen aufgehäuft. Durch die Verbindung der Sage 
mit dem für Deutſchlands Geſ chichte bedeutſamen Herrſcherhauſe der Hohen- 
solleen iſt der Verbreitungskreis noch erweitert worden. 
1. Die Sage. 
Der Kern der Sage!) nach der bekannteſten Faſſung iſt ungefähr 
folgender: Otto, Graf von Orlamünde, ſtarb ums Jahr 1340 und hinter; 
ließ eine junge Witwe nameng Kunigunde mit zwei Kindern, einem Söhn- 
lein von drei und einem Döchterlein von zwei Jahren. Die Witwe ſaß auf 
der Plaſſenburg (über der Stadt Kulmbach) und dachte daratt, fich wieder 
zu vermählen. Einſt wurde ihr die Rede Albrechts des Schönen, des Burgr- 
grafen von Nürnberg, hinterbracht, der geſagt hatte, wenn nicht vier Augen 
im Wege wären, wollte er dieſe Witwe zu Plaſſenburg heiraten. Weil 
das nun ihre Ohren kigelte und nach ihren Lüften fchmedte, dachte fie fo; 
gleich daran, ihre zwei jungen Kinder aus dem Wege zu räumen; denn 
die ſtanden, wie fie meinte, für Albrecht im Wege. Und damit es das 
T 
  
  
  
  
  
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.