Auch Amalie von Uttenhoven, Hofdame der Herzogin von Sachſen-
Coburg, die im Saalfelder Schloß die Schre>niſſe dieſer Tage miterlebt
hat, erzählt allerlei Geheimnisvolles über das Ende des Prinzen Louis
Ferdinand.) Als franzöſiſche Infanteriſten auf einer Tragbahre aus
Stangen den Prinzen ins Schloß brachten, nadt, nur in ein großes Tuch
gehüllt, von furchtbaren Wunden entſtellt, blaß, aber noch ſtrahlend,
während ein Muſikkorps einen fröhlichen Siegesmarſch dazu ſpielte, da bez
fann fih) das Edelfräulein plöglich, daß ſie dieſen fürſtlihen Leichenzug
hon im Traume zuvor geſehen hatte.
Auch im Berliner Schloß hat zwiſchen 1790 und 1812 die Weiße Frau
noch mehrmals Schre>en erregt.!7) Da man ihr zu Zeiten tapfer zu Leibe
gegangen war, wurde ſie mitunter feſtgehalten, einmal als Handtuch oder
Pudermantel, in dem Turm „Der grüne Hut“ als Gardine erkannt; ein
andermal klärte ſich dieſelbe Erſcheinung in einem Durme nah der Spree
zu bei näherer Unterſuchung als der bewegliche Widerſchein des vom Monde
beleuchteten Waſſerſpiegels auf. Lieutenant von W. demaskierte ſogar ein
unter dieſer Firma auf verbotenen Wegen betroffenes lebendes Weſen in
dem Korridor des dritten Stocwerkes. Nicht nur das Volk, ſondern auch
ernſthafte Gelehrte wie Achim von Arnim und Wilhelm von Humboldt
wiſſen damals von allerhand umgehenden Gerüchten über die Weiße Frau
zu berichten.) Kurz vor dem Tode der Königin Luife fah man die Weiße
Frau im „Schwanenturm“ des Schloſſes zu Cleve und in allen Gängen
ſtill und traurig umherwandeln.
Natürlich erwartete man in Berlin von der Zahl 40 im 19. Jahrhundert
allerlei. Es iſt darum kein Wunder, daß man um 1840 wieder die Weiße
Frau einen Thronwechſel in Preußen prophezeien ließ. „Der König wird
vielfa< geärgert und geängſtigt durch all dieſes“, ſchreibt Varnhagen in
feinem Tagebuche am 30. März 1840.) Das Thema war am Hofe auch)
in dieſer Zeit modern. Varnhagen (unter dem 17. Febr. 1843) ſollte der
Prinzeſſin Wilhelm Jung-Stillings Geſchichte der Weißen Frau oder eine
ſonſtige Geiſtergeſchichte geben, die ſie am Abend der Königin vorleſen
wollte.
Nach Zeitungsmeldungen?®) ſah man die Weiße Frau im April 1850
im Schweizer Saale des königlichen Schloſſes zu Berlin. Eine Schildwache
rief und ſtach ſie an. Die öffentlichen Blätter des Ins und Auslandes
widmeten damals der Angelegenheit ihre Spalten. Man brachte ſogar das
Attentat auf den König am 22. Mai mit der Erſcheinung in Zuſammenhang.
Feſtgeſtellt wurde nur, daß ſie infolge der drohenden Haltung des Poſtens
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