Full text: Die weiße Frau

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Gleichwohl gibt in der bisherigen Form Friede, Lucae in feinem „Uralten 
Grafenſaal“ (Frankfurt 1702) die Sage wieder. 
Die meiſten der genannten Gewährsleute mögen bei der Kindermörderin 
an Beatrix, die Gattin Ottos I. von Drlamünde gedacht haben, da fie die 
einzige Drlamünderin aus dem meranifchen Haufe war. Doch um 1600 
feinen auch da Bedenken aufgekommen zu fein, wie wir es zum erſten 
Male bei Widman ſehen, der von einer zweiten fürſtlichen Gemahlin redet, 
deren Namen und Gefchlecht man verſchweigen wollte. Hofmann nennt 
in ſeinen „Annales Bambergenses“ (1600) $81 dieſe Frau aus unbekanntem 
Geſchlecht Carinte (Karintha), die Gemahlin Ottos IT. Dagegen führt dafür 
Georg Paul Hönn in feiner „Wappen; und Gefchlechts-Unterfuchung des 
Kur- und Fürſtlichen Hauſes Sachſen“ (Leipzig 1704) S. 47f. als Gemahlin 
Ottos IT. eine Agnes ein, die ebenfalls aus meraniſchem Hauſe ſtamme. 
Dieſer Anſicht tritt Löber in der „Commentatio de Burggraviis Orla- 
mundanis“ (1741) bei. 
Die Geſchichtlichkeit dieſer Überlieferungen bekämpft nunmehr entſchieden 
Fal>enſtein,?) der ſih in zwei Schriften mit den bisherigen Annahmen 
auseinanderfeßt. Beatrix, die Gemahlin Ottos I. von Orlamünde, komme 
als Mörderin nicht in Betracht, da ſie die Schweſter von Albrechts Groß- 
mutter war. Ebenſowenig Agnes, die Gemahlin Ottos IL!) aus merani- 
ſchem Hauſe, da eine ſolche Prinzeſſin namens Agnes gar nicht exiſtiert 
habe. Hönn habe den Namen Agnes aus der Schrift eines Ungenannten 
über das Kloſter Himmelkron entnommen. Hofmanns Karinthe will er 
ſich gefallen laſſen, nur glaubt er, wenn Albrecht wirklich in dieſe Witwe 
verliebt geweſen wäre, würden ihn die Kinder nicht abgehalten haben, 
„quasi vero er fie nicht hätte ernähren fönnen“. Auch ſei eine ſolche Rede 
aus dem Munde Albrechts nicht anzunehmen; eine ſolche Äußerung paſſe 
nicht für einen großen Herrn, allerhöchſtens für Leute aus bürgerlichem 
Stande. Zu feiner Zeit fei von den Kinderleichen nichts mehr zu ſehen 
geweſen. Fal>enſtein hält die ganze Geſchichte für romanhafte Dichtung. 
Während ſeiner Studien fand Fal>enſtein aber eine Urkunde von 1338, 
die im Codex Diplomaticus zu ſeinen Nordgauiſchen Altertümern ab- 
gedrudt??) ift, aus der ſich ergibt, daß damals ein Otto von Orlamünde 
lebte, deſſen Gemahlin Kunigunde hieß. Dieſe beiden verpfändeten in dem 
genannten Jahre ihre plaſſenburgiſchen Güter an die Burggrafen Johann 
und Albrecht. In der Urkunde vom 30. Mai 1338 heißt e8 ausdrüdlich: 
„Mit dem gedinge, ob wir an Elich Sun verfüren (ob wir ohne ehelichen 
Sohn verſtürben), ſo fol di vorgenant Herfchafft Blaffenberg mit Lande... 
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