Full text: Die weiße Frau

  
angefraut worden. Da der Ehe nach fiebzehnjähriger Dauer feine Kinder 
entſproſſen waren, fchloflen die beiden Ehegatten im Sahre 1338 den Erb; 
vertrag mit den Burggrafen von Nürnberg. Dieſer trat nah dem Tode 
Ottos in Kraft, jedenfalls no< vor dem Jahre 1341, da bereits in dieſem 
Jahre eine Urkunde des Burggrafen Johann auf der Plaſſenburg ausgeſtellt 
iſt.‘ Im Jahre 1343 trat Kunigunde in das von ihr geſtiftete Ziſter- 
zienſerinnen-Kloſter Himmelsthron in Nürnberg, das 1348 na< Gründlach 
verlegt wurde, ein, wurde 1381 Äbtiſſin ihres Kloſters und ſtarb daſelbſt 
1385. 
Es erhebt fich nun die Frage, wie fich Der Sagenfreis vom Kindermord 
und vom Erſcheinen der Weißen Frau um Kunigunde von Orlamünde 
ranken konnte. 
6. Die Bildung der Sage. 
a) Die ätiologiſche Erklärung. 
Kunigunde, die Gräfin von Drilamünde-Plafienburg, war in blühendem 
Alter verwitwet und ins Kloſter Himmelsthron gegangen. In der Kirche 
dieſes Kloſters Himmelsthron zu Gründlach ſteht ihr Grabftein,*”) deſſen 
Abbildung auch heute noch etwas ahnen läßt von dem einſtigen kalten Weiß, 
das die hohe Geſtalt bede>te; denn Kunigunde war ja in weißem Nonnen, 
gewande und Schleier der Ziſterzienſerinnen dargeſtellt. In der Rechten 
trägt ſie den Äbtiſſinnenſtab, in der Linken ein Gebetbuch. Der Stein 
zeigt die beſonders in der Zahl nicht deutlih lesbare Umſchrift: „Anno 
MCCCL (XXXV) Obiit. Domina . Cunegondis . Orlamund . Funda- 
tionis - Huius - Abbatissa, In .Celi. Throno.“* 
Im Frauenkloſter Himmelskron, das mit dem Ziſterzienſerinnen- 
floſter Himmelsthron in Gründlach nicht verwechſelt werden darf und 
das am „Unſchuldigen Kindlein-Tage“ (28. Dezember) des Jahres 1280 
von Otto LI. von Orlamünde, ſeiner Gemahlin, geſamter Hand und ſeinen 
Söhnen Hermann und Otto II. geſtiftet worden war?®®), wurde der Grab- 
ſtein ihres angeblichen Liebhabers Albrecht gezeigt, und außerdem ſteht dort 
ein Grabſtein, den zwei Kindergeſtalten zierten. In den Augen der Betrachter 
mußte dieſer Grabſtein alſo ein Kindergrabſtein ſein. Aber dieſer Stein 
wurde bei genauerer Unterſuchung als Denkmal der 1529 geſtorbenen Âb- 
tiſſin Ottilia Schen> von Siemau, bei dem zwei Genien das Wappenſchild 
halten, enträtſelt.) Während Inſchrift und Wappen abgetreten waren, 
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