Full text: Die weiße Frau

   
Herula zum Hager fpricht, 
Eh’ er ihre das Hirn einfticht: 
„Lieber Hager laß mich leben, 
Wi dir meine Doden geben, 
Engel, Bengel, laß mich leben, 
Will dir meinen Vogel geben.“ 
Hager fih als Mörder nennt, 
Eh er fih das Hirn einrennt. 
Gott, a< Gott, wo werd’ i< ruhen, 
Höre {hon den Vogel rufen, 
Gott, a< Gott, wo foll ich fliehen, 
Sehe ſchon den Vogel ziehen.“ 
Albert ſpricht zur Herzogin: 
„Das war nicht der Rede Sinn, 
Meinte unſre eignen Augen, 
Wie wir nicht zuſammen taugen“. 
Beide Kinder unverweſet 
Liegen no< im Marmorfarge 
Als wär’ heut der Mord geweſen, 
Recht zum Trote allem Argen. 
Wilhelm von Kügelgen (geb. 1802) erzählt ſpäter in ſeinen „Fugend- 
erinnerungen eines alten Mannes“ (Seite 212) dieſe Geſchichte, die \i< 
auf der Plaſſenburg zugetragen haben ſoll, auch als ein Geſchehnis, das fich 
auf der Stammburg der Grafen von Orlamünde-Plaſſenburg, auf der 
Burg Orlamünde, abgeſpielt hat. Den Burggrafen nennt er Friedrich 
von Hohenzollern, ihn macht er zum Vormund der Kinder der Gräfin. Für 
ſeine Darſtellung beruft er ſi< auf die Mitteilungen ſeiner Tante Ziegeſar 
in Hummelshain bei Orlamünde. Auf ihr Konto fällt die echt weibliche, 
romantiſche Ausſ<mü>ung der Sage. Wegen mancher neuer Einzelzüge 
ſei Kügelgens Darſtellung hier wiedergegeben: 
„Über den Rieſene> hinaus lag eine Höhe, von wo man über Tannen- 
wipfel das ferne Orlamünder Grafenſchloß erbli>te. Hier lagerten wir 
eines Abends im Heidekraut um das verglimmende Feuer. Die blaſſe 
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