Full text: Die weiße Frau

    
Bühne erſcheinen. Von Scotts Romanen „Guy Mannering“ und „Das 
Kloſter“ iſt auh Eugen Scribe beeinflußt worden, der den Text zu Boildieus 
fomiſcher Oper „La Dame blanche“ verfaßt hat. 
Mufäus war aber auch eine Duelle für Grillparzers Schi>ſalstragödie 
„Die Ahnfrau“ und zwar über den ebenfalls von ihm beeinflußten Schauer- 
roman „Die blutende Hand mit Dolch und Lampe oder die Beſhwörung 
im Schloſſe Stern bey Prag“ (Wien und Prag bei Franz Haas o. J). 
Daneben regte Grillparzer die Geſchichte des Räubers Jules Mandrin an, 
beſonders aber die Erzählung über Bertha von Roſenberg als Weißer Frau, 
wie er fie aus dem Volksmunde und aus des Erasmus Franciscus „Hölli- 
chem Proteus“ und aus Balbinus" Böhmiſcher Geſchichte entnahm. Man 
leſe die Fabel der ſchauerlichen Tragödie, die uns heute nicht mehr ernſthaft 
zu erſchüttern vermag wie das damalige Publikum, deſſen Freude an 
Geiſter- und Geſpenſterſpuk durch die romantiſche Dichtung außerordentlich 
genährt war, bei Bieſe, Deutſche Literaturgeſchichte, TT, ©. 620. oder in 
einer anderen Literaturgeſchichte. Intereſſant iſt bei Grillparzer, wie--die 
Ahnfrau zur Strafe für ſ<were Untaten im Leben ſo lange nah ihrem 
Tode ruhelos umherwandeln muß, bis der leßte Sproß des eigenen Stam- 
mes von der Erde ausgerottet iſt. 
Auch E. T. A. Hoffmann hat es nicht über ſich gebracht, auf das Thema 
von der Weißen Frau zu verzichten. Im 2. Bande der Sergpionsbrüder 
(Berlin 1819—21) hat er eine kurze, unbetitelte Spufgefchichte in die 
Rahmenerzählung eingefügt. Des Schloßherrn Dochter Adelgunde tummelt 
fich mit ihren Gefpielinnen in der abendlichen Dämmerung und äfft die 
Weiße Frau, von der der alte verſtorbene Gärtner fo oft erzählt hat, nach. 
Möglich fieht fie am alten, halbeingefallenen Gewölbe die richtige Weiße 
Frau ſtehen, „eine luftige Geſtalt, wie in Nebel gehüllt“, ſo daß ſie faſt er; 
ſtarrt ſtehen bleibt. Die Weiße Frau ſtre>t die Hand nach ihr aus, die 
anderen Kinder ſehen nichts von der Erſcheinung, nur Angſt und Grauen 
erfaßt alle. Jeden Abend um 9 Uhr erſcheint das Geſpenſt dem Mädchen. 
Ein Verſuch, dur Verſtellen der Uhr die Kranke von ihren Wahnbildern 
zu heilen, mißlingt, ja vergrößert das Unheil. Die ganze Familie wird 
{wer betroffen: Die Mutter ſtirbt, die Schweſter verfällt in Wahnſinn. 
Erſt der Tod des Vaters auf dem Schlachtfelde befreit Adelgunde von dem 
Phantom. 
Jean Paul hat eine in ſeine Werke nicht aufgenommene Satire auf die 
Weiße Frau oder vielmehr auf die Bewohner der Stadt Hof 1785 für das 
Hofer Intelligenzblatt verfaßt." 
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