Full text: Die weiße Frau

   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
   
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8. Zuſammenfaſſung. 
Die Sage von der Weißen Frau in ihrer Verbindung mit geſchichtlichen 
Perſönlichkeiten, insbeſondere mit der Gräfin Kunigunde von Orlamünde- 
Plaſſenburg, die als junge Witwe ihre Kinder mordete, um den Nürnberger 
Burggrafen Albrecht den Schönen heiraten zu können, und, in ihren Er- 
wartungen getäuſcht, nah ihrem Tode als Weiße Frau umging, iſt feine 
echte Volksſage, ſondern zum Teil das Werk von gelehrten Männern, Hiſko- 
rifern und Theologen, gefchaffen im ausgehenden Mittelalter, Es handelt 
fih dabei eigentlih um zwei Sagenbildungen, die urfprünglich nichts 
miteinander zu fun haften, nämlich um die alte Volfsfage der Weißen 
Frau, die als ſpukender Geiſt umging, und um das künſtliche Gebilde des 
orlamündiſchen Kindermords. Erſt nachträglih gewann die Sage, die 
ernft genommen und geglaubt wurde, ätiologiſchen Charakter: Das Grab; 
denfmal der Gräfin Kunigunde, die als junge Witwe ins Kloſter gegangen 
war und auf dem Grabſtein als Aebtiſſin im weißen Ziſterzienſerinnen- 
gewande abgebildet war, wurde in Verbindung gebracht mit dem angeb- 
lichen Denkmal Albrechts und mit dem fälfchlich für ein Kindergrabdenkmal 
gehaltenen Stein bzw. mit den Reliquien der beiden unſchuldigen Kindlein 
und {ließli<h mit dem auf der nahen Plaſſenburg als Weiße Frau um; 
gehenden Geſpenſt. Die Phantaſie verknüpfte das, was äußerlich zuſammen- 
lag, auch innerlich, ſchi>ſalsmäßig miteinander. So wurden die beiden 
zunächſt voneinander zu trennenden Sagen zu der „geſchichtlichen“ Sage 
von der Weißen Frau vereinigt. Die Sage, die urſprünglich an die Plaſſen- 
burg gebunden war, verbreitete ſich von hier über alle Burgen und Schlöſſer, 
die dem Geſchlechte der Nürnberger Burggrafen, der Hohenzollern, und den 
Orlamünder Grafen und ihren Verwandten gehörten, über die Fürſten- 
und Herrenhäuſer ganz Deutſchlands und viele Reſidenzen des Abendlandes. 
Die unendliche Phantaſie geſtaltete in allen möglichen Formen, in der 
freien Erzählung, im Volkslied, im Kinderreim, in der fpiritiftifch beein- 
flußten und zum Maſſenvertrieb beſtimmten Schauergeſchichte, in der 
Ballade, im Drama und im Roman das Thema reicher aus. Dadurch, 
daß das Geſpenſ von dem urſprünglichen Wirkungsorte losgeriſſen wurde, 
eine Wanderung in viele andere Schlöſſer, Burgen und einfache Häuſer 
antrat und daß ſich das Thema durch die dichteriſchen Geſtaltungen vielfach 
wandelte, kehrte die künſtlih geſchaffene Sage aber in den Kreislauf der 
Volfsfage zurüd. Denn die Weiße Frau iſt ja ein altes Erzeugnis der menſc<h- 
lichen Phantaſie, ein den Glauben an das Überſinnliche widerſpiegelndes 
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